Wie Simulation wirklich hilft die Verheißungen von Additiver Fertigung zu nutzen
Additive Manufacturing (AM) verspricht bisher unbekannte Designfreiheiten und eine weit größere Flexibilität als traditionelle Fertigungsverfahren. So kann ein 3D-Drucker ein gewünschtes Bauteil direkt fertigen, wodurch aufwändige Vorarbeiten wie z.B. der Formenbau entfallen.
Wie jedes andere Fertigungsverfahren, hat aber auch die Additive Fertigung ihre eigenen Besonderheiten und Anwendungsfelder. Entscheidet man sich für Additive Fertigung, müssen letztlich auch hier die Fertigungsanforderungen in der Konstruktion berücksichtigt werden, um das Produkt erfolgreich produzieren zu können.
Hier ein Blick auf den Entwicklungsprozess für erfolgreich additiv gefertigte Produkte:
Virtual first – In einem virtuellen und durchgängigen Entwicklungsprozess lassen sich alle relevanten Konstruktionsentscheidungen vorab abbilden: Vom Design, über die Fertigungsvorbereitung, bis zur Druckprozess-Simulation lässt sich der Prozess virtuell untersuchen und validieren.
Denn erst die an die Additive Fertigung angepasste vollständig virtuelle Produktentwicklung ermöglicht das Heben aller Potentiale der Fertigungsmethode: Designflexibilität, Fertigungsflexibilität und das alles mit einer minimalen Anzahl an kostspieligen Probe- bzw. Fehldrucken.
Das Erfolgskonzept besteht dabei aus maßgeschneiderten Applikationen für die Additive Fertigung in einem kollaborativen modellbasierten End-to-End Prozess und damit perfekt aufeinander abgestimmten Produktentwicklungsschritten.
Aber was ist nun eigentlich modellbasiert?
Bisher wurde mit getrennten Modellen gearbeitet: Jede Abteilung und jeder Mitarbeiter arbeitet mit seinen eigenen für seine Aufgabe nötigen und zielführenden Modellen. Angefangen vom Geometrie-Modell (CAD), dem Modell für die Fertigung und Montage, oder auch den funktionsbeschreibenden (Simulations-)Modellen: System-Verhalten und Physik-Modellierung.
Durch ein einheitliches Datenmodell und eine kollaborative Plattform lassen sich nun all diese Modelle miteinander verknüpfen – unternehmensweit.
Basierend auf dem Geometriemodell (Form & Fit) lassen sich die jeweils benötigten unterschiedlich detaillierten Funktionsmodellierungen (Function) hinzufügen und so modellbasiert alle Produktentscheidungen virtuell unterstützt treffen. Außerdem lassen sich Änderungen an der Geometrie automatisch in den Funktionsmodellen berücksichtigen, ohne diese erneut von Beginn an aufbauen zu müssen.
Zurück zum modellbasierten Entwicklungsprozess für die Additive Fertigung:
- Neue Design Praktiken für die Additive Fertigung: „Functional Generative Design“
Die neuen AM Designfreiheiten verlangen nach neuen Designansätzen, um die gewonnenen Freiheiten auch tatsächlich nutzen zu können. Hier bietet sich das Konzept des Functional Generative Designs an. Algorithmen und physikalische Simulation unterstützen den Designer bei der Findung des idealen Bauteildesigns unter Berücksichtigung der funktionalen Anforderungen.
Mehr Details hierzu finden Sie auch im 7min Kurz-Webinar: Functional Generative Design
- Druckprozess-Vorbereitung: „Additive Manufacturing Planning”
Mit dem Bauteildesign kann die Additive Druckprozessvorbereitung starten: Ziel ist es basierend auf der gewählten Fertigungsmethode (hier: Metal Powder Bed Fabrication) die ausgewählte Druckmaschine mit den nötigen Parametern, Einstellungen und Geometriedaten zu versorgen. So muss der Maschinenprogrammierer die Maschineneigenschaften angeben, die Bauteile auf der Druckplattform (möglichst optimal) positionieren und orientieren, nötige Stützstrukturen und ihre Art definieren, um damit letztlich Bauteilschnitte und den Druck- bzw. Laserpfad zu berechnen. Dabei lassen sich wiederverwendbare Regeln definieren, die Best Practices festhalten und den Kollegen zur Verfügung gestellt werden können. Die Ergebnisse können dann exportiert und an die Druckmaschine übergeben werden.
Ein großer Vorteil dieses Ansatzes sind dabei die CAD Geometrie-basierte Erzeugung der Stützstrukturen. Diese lassen sich so auch manuell vom Designer verändern bzw. im nächsten Schritt dimensionieren und direkt in der physikalischen Simulation nutzen.
- Druckprozess-Simulation: „Additive Manufacturing Simulation”
Anstatt das Bauteil direkt zu drucken, also kostspielig und zeitaufwendig auszuprobieren, ob die Fertigung gelingt, lässt sich der Druckprozess vorab virtuell untersuchen. Die bereits definierten Maschinenparameter und Druckpfade lassen sich direkt modellbasiert wiederverwenden. Das Bauteil, bzw. alle Bauteile auf der Druckplattform werden vernetzt und für die Finite Elemente Analyse vorbereitet. Durch die Erzeugung der Stützstrukturen als Geometrie können diese direkt mitvernetzt werden. Mit einem Assistenten werden auch weniger simulationserfahrene Anwender durch den Workflow geleitet, sodass die eingebauten Best Practices zur Druckprozess-Simulation genutzt werden können. Der Druckprozess wird vorab simuliert und es können die dabei auftretenden Verformungen, elasto-plastischen Dehnungen und Eigenspannungen untersucht werden. Bei erweitertem Detailgrad der Modellierung lassen sich auch Mikrostrukturen und Porosität virtuell begutachten.
Hierdurch erhält der Entwicklungsingenieur eine gute Voraussage über die zu erwartende Druckperformance und die physikalischen Eigenschaften des gefertigten Produkts.
- Iterative Verbesserung des Designs und Druckprozesses: „As-designed“ vs. „As-manufactured”
Wie bei jedem anderen Fertigungsverfahren weicht das gefertigte Bauteil in der Regel (hoffentlich nur geringfügig) von dem ursprünglich konstruierten Design ab. Das kann speziell beim 3D-Druck durch die thermischen Eigenspannungen oder auch nicht optimal positionierte bzw. fehlende Stützstrukturen zu Fehldrucken oder abweichenden Bauteilgeometrien führen. So können bei der Fertigung mit Selektiven Lasersinterverfahren Bauteilverformungen durch den Wärmeeintrag häufig zu unerwarteten bleibenden Verformungen führen.
Durch den vorgestellten Prozess lässt sich das designte Bauteil mit dem virtuell gefertigten Bauteil detailliert vergleichen. Mit den „CATIA Reverse Shape Optimizer“ Funktionalitäten können die vorhergesagten Abweichungen in der Bauteilkonstruktion kompensiert werden: Die in der Simulation berechneten Abweichungen werden als Vektorfeld mit einer negativen Skalierung auf die Originalgeometrie übertragen und ausgeglichen. Im modellbasierten Ansatz werden nun die obigen Analyseschritte unter Wiederverwendung der Modelle wiederholt bis eine ausreichende Konvergenz von „as-designed“ und „as-manufactured“ erzielt wurde.
Weitere Stellschrauben, die durch den virtuellen Prozess vorab untersucht werden können, sind unter anderem die Einflüsse von unterschiedlichen Stützstrukturgeometrien, sowohl vom Anwender selbst erzeugte oder automatisch generierte Varianten. Gleiches gilt für die Positionierung, aber auch für die Einflüsse von unterschiedlichen Druck- bzw. Laserpfaden. So kann ein auf das Bauteil angepasster Druckpfad wesentlich geringere Eigenspannungen und thermische Verformungen verursachen…
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