3D-Druck: Schnickschnack oder echter Zusatznutzen für Verbraucher?

3D-Druck ermöglicht Individualisierung, das bedeutet, dass der Kunde beispielsweise eigene Designs oder seinen Namen auf das Produkt aufbringen und so sein eigenes Produkt erschaffen kann. Das ist zwar sehr nett, aber noch kein echter Zusatznutzen im Consumerbereich. Doch denkt man 3D-Druck weiter, ergeben sich weitere, wesentlich interessantere Anwendungsbeispiele, bei denen Individualisierung sich nicht lediglich auf das Äußere beschränkt, sondern das Produkt sich in Form und Funktion an den Benutzer anpasst, womit je nach Anwendungsfeld ein echter Mehrwert entsteht.

Ein Beispiel hierfür sind individualisierte SchuheSOLS’ maßgeschneiderte orthopädische Produkte erfüllen spezielle Kundenwünsche besser (Bild © SOLS), berichtete kürzlich auch das Compass Magazin. Ein individuelles Sohlenmuster ist sicher nett, aber was, wenn sich das Fußbett an der individuellen Form des eigenen Fußes orientieren würde? Gitterstrukturen im Innern der Sohle verändern die Härte und die Dämpfungseigenschaften. Wie wäre es also, wenn man sich einen Sportschuh genau für das eigene Gewicht und den bevorzugten Jogging-Untergrund konfigurieren könnte? Der Asphalt-Läufer würde sich mehr Dämpfung einstellen, der Wald-Läufer eine steifere Außensohle, die spitze Steine besser abfedert usw. Dem ließe sich sicher auch im Massenmarkt und nicht nur im Bereich des Spitzensports einiges abgewinnen.

Oder man schaut auf ein noch spezialisierteres Anwendungsfeld: Ein individuell angepasster Griff steigert die Zielgenauigkeit beim Kleinkaliberschießen enorm. Doch diese Griffe werden bisher aufwändig aus Holz hergestellt und sind dementsprechend sehr teuer. Man könnte diese Griffe ebenso gut 3D-drucken, was die Kosten massiv senken und gleichzeitig auch das Gewicht reduzieren würde. Generell gesagt, überall dort, wo guter Griff und eine optimale Kraftübertragung wichtig sind und wo Produkte besonders eng mit dem Körper interagieren, ist Individualität gefragt – und überall dort ist 3D-Druck eine Technologie, die Märkte verändern kann.

Wenn dagegen, wie im ersten Beispiel, Massenprodukte individualisiert werden sollen, verändern sich die Herausforderungen für die Hersteller viel drastischer. Es müssen Prozesse gefunden und etabliert werden, die diese Individualisierung mit geringstmöglichem Aufwand ermöglichen. Der Kunde muss seine Daten und seine Wünsche auf einfache Weise an den Produzenten weitergeben können. Beim Hersteller besteht die Herausforderung darin, diese Parameter sauber und effizient durch Fertigungs-, aber auch Logistikprozesse zu schleusen.

Das erfordert vor allem die Durchgängigkeit vom Kundenportal im Internet über Vertrieb und Logistik bis hinein in die Fertigung und den Versand – sowohl innerhalb eines Systems, aber auch in Zusammenarbeit beispielsweise mit einer Auftragsverwaltung im ERP-System. Egal, ob das Produktkonzept eine Bestellung im Internet und eine Lieferung per Paketdienst vorsieht oder die Zusammenarbeit beispielsweise mit Sportgeschäften: Systeme, die manuelle Eingaben und langwierige Datenübertragungen erfordern, sind nicht mehr zeitgemäß. Kunden erwarten heute, dass Produkte innerhalb weniger Tage geliefert werden.

Es kommen also mehrere Aspekte zu einem „perfect storm“ zusammen: Erstens der hohe Verwaltungs- und Logistikaufwand, den individualisierte Produkte mit sich bringen und zweitens die kürzer werdenden akzeptablen Lieferspannen. Der dritte Aspekt sind die durch den 3D-Druck sinkenden Herstellungskosten – und damit Preise – der individualisierten Produkte.

Individualisierte Produkte sind die Zukunft – und das eben auch, oder gerade im Consumerbereich. Wer sich nicht nur darauf beschränkt, seinen Kunden individuelle Muster oder Prägungen anzubieten, sondern Produkte bietet, die durch Individualisierung echte Vorteile bringen, der wird erfolgreich sein. Doch solche Firmen müssen sich intern auf diesen „perfect storm“ vorbereiten und Prozesse schaffen, die das technische und verwaltungstechnische Handhaben neuer Produkte ebenso einfach machen wie es die heutige die Verwaltung von Serienprodukten bereits ist. Im gerade erschienenen Positionspapier zum 3D-Druck des Bitkom wird beleuchtet, welche Herausforderungen Unternehmen in der Region zu bewältigen haben und welche Handlungsempfehlungen der Verband ausspricht.

Bild © SOLS

Steffi Dondit

Steffi Dondit ist „Senior Specialist Global Affairs” für die Region Zentraleuropa bei Dassault Systèmes. Ihre Aufgabe ist es, Kontakt zu Verbänden, Netzwerken und in die Politik zu halten. Die Trends und Ergebnisse ihrer Arbeit fließen als direkter Input auch immer wieder in neue Projekte in der Region ein.