Arbeitswelten im digitalen Wandel

Gerne wird, wenn es um die Digitalisierung geht, darauf verwiesen, dass die junge Generation die Arbeitswelt verändern würde – „Digital Natives“, die mit Computern aufgewachsen sind, als Ablösung der älteren „Digital Immigrants“, die erst als Erwachsene mit IT in Berührung gekommen sind. Aber stimmt das wirklich, lässt sich diese Grenze tatsächlich ziehen? Und wie verändert der wachsende Anteil Älterer die Arbeitswelt, wenn wir ins Zeitalter der Digitalisierung eintreten?

Silver SurferEine der Definitionen von Digital Natives geht vom Geburtsjahr 1980 aus – das würde bedeuten, dass die ältesten Mitglieder dieser Generation jetzt 36 Jahre alt und damit längst in den Betrieben angekommen sind. Zudem gibt es mehr Ältere als man denkt, die mit dem Internet, Computern und der digitalen Vernetzung ganz selbstverständlich umgehen.

Selbstverständlicher und besser teilweise sogar als die junge Generation. Gut ersichtlich wird das, wenn man einen Blick auf die sozialen Netzwerke wirft. So ist doch die ein oder andere Diskussion unter sehr jungen Nutzern sehr an der Grenze des guten Geschmacks, wohingegen Social Collaboration von der etwas reiferen Generation eher mit dem Verhalten auf einer Konferenz oder in einem großen Meeting vergleichbar ist – sachlich, höflich und dennoch in der fachlichen Kommunikation durchaus deutlich und konstruktiv.

Sicher ist es für Menschen, die ihr ganzes Leben in einem hierarchischen System und relativ offline gearbeitet haben, nicht einfach, die neue, interaktive Arbeitswelt zu akzeptieren. Aber diese Akzeptanz hängt eher von der Persönlichkeit und der Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen ab – wer sich darauf einlässt und die guten alten Umgangsformen mitbringt kann auch online unendlich wertvolle Beiträge zu Projektentwicklungen leisten.

Und wäre es nicht geradezu fahrlässig in Zeiten des knappen Nachwuchses an Ingenieuren und IT-Spezialisten die reifere Generation aus den Augen zu verlieren? Der ältere Konstrukteur wird durch seine langjährige Erfahrung Fehlentwicklungen schneller erkennen, bewährte Lösungen einbringen und ganz allgemein in beratender Funktion wertvollen Input liefern können.

Denkt man diese Rolle des „beratenden Ingenieurs“ weiter, so liefern die modernen, hierarchiefreien Managementtechniken eine ideale Plattform für die Zusammenarbeit der Generationen. Daimler wird, wie Dieter Zetsche in einem FAZ-Interview verkündete, in einem halben bis ganzen Jahr 20 Prozent seiner Belegschaft in eine Schwarmorganisation überführen, für bestimmte Themen Mitarbeiter abteilungsübergreifend und ohne komplexe Hierarchie zusammenzubringen. Zitat: „Niemand soll mehr warten müssen, bis der eigene Chef mit dem Pendant in der anderen Abteilung sich geeinigt hat, ob man hier oder da dies oder jenes tun könne. Wenn es die Aufgabe erfordert, geht es einfach weiter.“

Das erinnert stark an die Gemeinschaft in Sozialen Medien – jeder kommentiert unter jedem Posting, auch wenn er den Schreiber des ursprünglichen Beitrags nur mittelbar kennt. Wer etwas beizutragen hat, trägt etwas bei. Sätze wie „das haben wir schon immer so gemacht“ oder „das geht mich nichts an, das ist in der Verantwortung einer anderen Abteilung“ sind in jeden Fall nicht mehr gefragt.

Gleichzeitig hebeln die neuen Werkzeuge, die Schwarmorganisationen erst ermöglichen, die allzu oft noch vorherrschende Anwesenheitskultur aus. Nur wer anwesend ist, arbeitet auch, die Mitarbeiter müssen ständig im direkten Zugriff des Vorgesetzten sein – diese Führungsmethode greift nicht mehr, wenn die Menschen über Abteilungs- und Standortgrenzen miteinander vernetzt sind. Wenn Menschen aus verschiedenen Ländern und Standorten über Videocalls und Collaboration-Apps zusammenarbeiten, lösen sich geografische und auch Zeitgrenzen auf.

Und das ist eine Chance für ganz unterschiedliche Mitarbeiter, denn wenn Ergebnisse und Input statt Anwesenheit zählt, ist das Arbeiten aus dem Home Office – und auch in Teilzeit – viel einfacher zu integrieren als bisher. Das betrifft den Älteren, der in Altersteilzeit seine Erfahrung einbringt, ebenso, wie die junge Frau, die ihr Projekt von zu Hause aus weiter begleitet und gleichzeitig für ihre Kinder da sein kann.

Diese neue Offenheit erfordert von allen Beteiligten ein Umdenken – und genau das ist die Chance für ältere Arbeitnehmer, sich und den eigenen Erfahrungsschatz in die neuen Strukturen einzubringen. Wer das versteht, wird in der neuen digitalen Arbeitswelt Erfolg haben – egal wie alt er oder sie ist. Die Werkzeuge dafür sind da, letztendlich kommt es nun darauf an sie zu nutzen, um in unserer Region im weltweiten Wettbewerb weiter mithalten zu können.

Best-Practice Beispiele für disziplin- und standortübergreifende Zusammenarbeit auf Basis vernetzter Plattformen gibt es ja bereits aus ganz unterschiedlichen Industrien, das zeigen der Haushaltsgerätehersteller V-ZUG oder der Schokoladenformenhersteller Max Riner. Und als eine der führenden Schweizer Hochschulen für angewandte Wissenschaften verschafft die ZHAW den Studierenden der Ingenieurwissenschaften einen Wettbewerbsvorteil am Arbeitsmarkt.

Narayan is Chief Operations Officer at satsearch, chiefly responsible for helping buyers find the right products and services for their mission or service through the global marketplace. Narayan holds a PhD in Supply Chain Management from the University of Erlangen-Nuremberg and previously served as an Associate Research Fellow at the European Space Policy Institute where he contributed to enhancing cooperation between Europe and India in space.