Man mag sich fragen was Additive Manufacturing (AM) mit Evangelisten zu tun hat, aber der wahrscheinlich von Apple erfundene Technology Evangelist – übersetzt „Verkünder der guten Nachricht“ hat durchaus seine Berechtigung. Er soll eine bestimmte Technologie nach vorn bringen, für sie werben und Menschen für sie begeistern. So lässt sich die Umsetzung beschleunigen, indem der Technology Evangelist bei der Überwindung der Einstiegshürde hilft. Gerade bei Technologien, die viele Bereiche eines Unternehmens betreffen und die disruptiv wirken, also bekannte Vorgehensweisen und Methoden radikal verändern, sind diese Hilfestellungen wichtig.
Additive Manufacturing ist eine solche disruptive Technologie. Denn „ein bisschen“ AM macht keinen Sinn – die Vorteile der neuen Technologien schlagen nur dann richtig durch, wenn diese von der Entwicklung bis zur Entsorgung mitgedacht wird. Die additive Fertigung ersetzt nicht eine andere Fertigungstechnologie, sondern eröffnet neue Welten – und genau deshalb kann man nicht einfach einen 3D-Drucker in die Fertigungshalle stellen und darauf warten, dass sich die Vorteile der neuen Technologie zeigen.
Das Zusammenfassen mehrerer Funktionen in einem Bauteil, das Fertigen in einem Teil statt einer Schweißbaugruppe und die Möglichkeit des Leichtbaus durch teilweise hohle Gestaltung der Bauteile – all diese Vorteile der additiven Fertigung müssen schon in der Entwicklung und Konstruktion umgesetzt werden. Der Philosophiewechsel von der herkömmlichen Produktentwicklung zur generativen Bauteilgestaltung muss in den Köpfen der Konstrukteure verankert werden. Diese sind es gewohnt, mit Hilfe von Erfahrung, Kreativität und Intuition Teile zu gestalten. Heute ermöglichen es die generativen Techniken, dass der Konstrukteur nur noch Kräfte und Lastangriffspunkte sowie einen Bauraum definiert, die Form des Bauteils wird dann von speziellen Algorithmen erzeugt. Die so entstehenden Formen lassen sich in den meisten Fällen dann nur additiv fertigen.
Das Problem: Um Additive Manufacturing wirklich optimal nutzen zu können, muss in der Konstruktion – wie auch in den folgenden Schritten der Prozesskette – nicht nur das Wissen um die Technologie, deren Vorteile und Limitierungen vorhanden sein, sondern es sind neue Konstruktionsmethoden notwendig, die beispielsweise die erwähnten generativen Technologien in den Prozess integrieren. Zudem muss der Konstrukteur immer wieder neu entscheiden, wo die neue Technologie Sinn macht und an welchen Teilen sie ihre Vorteile wirklich ausspielen kann.
Hier kommt der Evangelist ins Spiel, der diesen Paradigmenwechsel mit Fachwissen und Methodenunterstützung begleitet und gleichzeitig die Verbindung zwischen Fertigung und Konstruktion schafft – denn nur in enger Abstimmung dieser beiden Bereiche lassen sich AM-Technologien wirklich nutzen. Alleine die Berücksichtigung der thermischen Spannungen, die sich durch die extrem punktuelle Erhitzung des Materials ergeben, erfordert Erfahrung – in der Konstruktion wie auch in der Druckvorbereitung, wo die Supportstrukturen erzeugt werden.
Ob es sich bei diesem Evangelisten um einen Mitarbeiter handelt, der diese Rolle in Vollzeit ausfüllt, einen 3D-Druck-Enthusiasten, der quasi als Hobby die Einführung der neuen Technologie unterstützt, oder auch um ein ganzes AM-Team, ist sicherlich von vielen Faktoren abhängig – von der Firmengröße ebenso wie vom gewünschten Stellenwert der additiven Fertigung. Wichtig ist in jedem Fall, dass der Evangelist seine Rolle ausfüllen kann – und das bedingt viel Wissen, das man sich nicht anlesen kann. Institute wie das Laser Zentrum Nord oder die Hersteller der Anlagen und der zugehörigen Softwarewerkzeuge bieten Workshops und Kurse an, die einen schnellen und tiefen Einstieg in die neue Technologie ermöglichen. Veranstaltungen wie der InnoBrunch von Dassault Systèmes ermöglichen es, gezielt Fragen zu stellen und ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie die additive Fertigung die eigenen Prozesse voranbringen können.
Der InnoBrunch ist eine Veranstaltungsreihe, die sich an Entscheider in Unternehmen richtet und diese mit Fachleuten der jeweiligen Materie zusammenbringen. In den Workshops des InnoBrunch werden Technologien vorgestellt und Fragen beantwortet. Bei der letzten Veranstaltung brachten die Teilnehmer unter anderem die Themen Datendurchgängigkeit, Datenaustausch und die Genauigkeit der Fertigung auf. Und schließlich wurde auch über die Rolle des Konstrukteurs oder “Technolgy Evangelisten” in dieser neuen Welt gesprochen. Interessant? Dann merken Sie sich den Termin am 3. November 2016 vor, denn die nächste Veranstaltung widment sich dem Themenfeld Data Intelligence.
Ein Auszug der geplanten Themen: Big Data und Industrie 4.0 sind schon heute Realität. Aber wird der Wert der Daten bereits optimal genutzt? Die gigantische Marktbewegung in Richtung Vernetzung von Produkten und Services bietet immense Chancen. Zugleich steigt jedoch auch die Erwartungshaltung bei Kunden, Partnern und Aufsichtsbehörden. Verlangt wird eine frühzeitige Identifikation und Bewertung des Nutzungsverhaltens, um neue Herausforderungen zu erkennen. Im Rahmen des InnoBrunch Workshops wird exemplarisch die Data Intelligence App „Product Intelligence“ vorgestellt. Product Intelligence ermöglicht die Analyse von internen QS-Daten und externen Informationen zu Fehlerfällen.