Daten transformieren unsere Wirtschaft. Sie ermöglichen neue Geschäftsmodelle und verändern das Umfeld, in dem Unternehmen sich bewegen – so weit, so gut und so bekannt. Nicht erst seit gestern sehen sich Unternehmen mit der Frage konfrontiert, wie sie die Daten, die in immer größerer Zahl und Geschwindigkeit generiert werden, nutzbar machen können. Und längst nicht alle haben darauf bereits eine zufriedenstellende Antwort gefunden.
Welchen Stellenwert messen Unternehmen in Deutschland der Rolle von Daten für ihr Geschäftsmodell bei? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit externen Partnern und Kunden heute und in der Zukunft? Und welche Entwicklungen im Hinblick auf die optimale Nutzung von Daten werden erwartet? Diese und weitere spannende Fragen haben wir bei IDC im Auftrag von Dassault Systèmes genauer in unserem neuen White Paper „Wie Sie mit digitalen Geschäftsmodellen und neuen Partnerschaften die Chancen der Digitalisierung ergreifen“ unter die Lupe genommen.
Digitale Treffpunkte für Ökosysteme
Ein Unternehmen bewegt sich in einem Ökosystem aus Partnern, Lieferanten, Kunden, Wettbewerbern, Märkten, Behörden etc. Die Beziehungen innerhalb dieses Systems sind oftmals historisch gewachsen und werden häufig noch individuell gestaltet. Unsere These lautet: Die Vernetzung innerhalb eines Ökosystems wird stark zunehmen, denn die technologischen Möglichkeiten der Digitalisierung treiben eine ganz neue Art von Netzwerken. Unternehmen werden dabei so eng mit ihrem Ökosystem vernetzt, dass die Grenzen zwischen intern und extern zunehmend verschwimmen werden.
Großes Potential hierfür bergen digitale Marktplätze. Sie bieten neue Möglichkeiten, Kunden zu akquirieren und Lieferanten auszuwählen, denn sie vernetzen Angebot und Nachfrage. Gleichzeitig gewähren sie Nutzern höhere Transparenz und damit mehr Vergleichsmöglichkeiten. Zudem können Händler und Dienstleister eingebunden werden, z.B. um komplementäre Leistungen zu den Produkten aus einer Hand anzubieten. So wird die Kommunikation mit allen Stakeholdern effizienter, denn auch sie kann über den Marktplatz abgewickelt werden. Gleichzeitig finden Einkaufs-, Bestell- und Zahlungsprozesse integriert statt, was die Transaktionsabwicklung erheblich beschleunigt.
Die meisten von uns haben diese Erfahrung bereits gemacht, wenn zum Beispiel die Kaffeemaschine kaputtgeht und für einen Besuch im Kaufhaus keine Zeit bleibt. Eine Bestellung bei Amazon löst das Problem schnell, und die Kaffeemühle, die man sowieso schon lange anschaffen wollte, wird dann gleich mitbestellt.
Nicht jedes Unternehmen wird ein neues Amazon werden, das ist klar. Doch unabhängig davon, ob Marktplätze intern entwickelt oder Lösungen externer Anbieter genutzt werden, zeigen die Ergebnisse unserer Studie doch eine deutliche Tendenz in diese Richtung. Entscheider in Unternehmen in Deutschland sind überzeugt, dass sich ihr Geschäftsmodell aufgrund von Marktplätzen und Plattformen stark verändern wird. So erwarteten zwei Drittel der Befragten, dass der Geschäftserfolg ihres Unternehmens ohne eine Verbesserung der Zusammenarbeit mit ihrem Netzwerk in fünf Jahren stark gefährdet sein wird.
Daten als Geschäftsmodell
Die Digitalisierung produziert Massen an Daten. Unternehmen müssen Möglichkeiten finden, diese nutzbar zu machen und aus ihnen Wert zu schöpfen. Das geschieht beispielsweise durch die Digitalisierung der Produktion. Mit den technologischen Möglichkeiten, die uns heute zur Verfügung stehen, können Abläufe noch stärker automatisiert, das Engineering stringenter gestaltet und die Fertigung stärker individualisiert werden. Das alles spart Zeit und somit auch Ressourcen, und erhöht die Effizienz.
Gleichzeitig stellt sich aber die Frage: Wie können Daten genutzt werden, um Neues zu schaffen – neue Produkte, neue Dienstleistungen, bis hin zur Entwicklung völlig neuer Geschäftsmodelle?
Ein hybrider Ansatz, der beide Arten der Datennutzung vereint, ist beispielsweise Predictive Maintenance, bei der die Daten einer Maschine erfasst und ausgewertet werden. Auf Basis von Erfahrungswerten ist es dann möglich zu berechnen, wann sie wahrscheinlich ausfallen wird. So wird durch proaktive Wartung dem Ausfall vorgebeugt und der Maschinenstillstand so gering wie möglich gehalten.
Individuelle Antworten ohne Blaupause
Was tut sich hier in Deutschland? Unsere Studie hat ergeben, dass wir die gesamte Breite des Spektrums vorfinden. Etwa drei Viertel der befragten Organisationen treibt seit vielen Jahren z. B. die Verbesserung interner Abläufe mittels ERP-, PLM- oder Warenwirtschaftssystemen im Top Floor oder mittels eines hohen Automatisierungsgrads im Shop Floor voran. Wir können einige innovative Vorreiter vorweisen. Genauso gibt es aber auch noch einen nicht unbeachtlichen Anteil von Unternehmen, die diese Entwicklung und deren Chancen leider ignorieren.
Viele Unternehmen in Deutschland stehen vor einem Dilemma. Insgesamt geht es der deutschen Wirtschaft sehr gut und die Auftragsbücher sind gefüllt. Dabei sind die Kapazitäten, die es für eine erfolgreiche digitale Transformation bräuchte, häufig anderweitig eingesetzt: Wenn es gut läuft und viel zu tun ist, bleibt das Neue auf der Strecke.
Die Studie hat gezeigt, dass es Bemühungen in alle Richtungen gibt. Allgemein liegt der Fokus jedoch noch zu sehr darauf, Bestehendes schneller, besser und effizienter zu machen. Ein Unternehmensvertreter, mit dem ich im Zuge der Studie gesprochen habe, sagte zu mir: Wir haben in Deutschland den Hang, die Schreibmaschine zu optimieren. Nur leider schreibt keiner mehr auf der Schreibmaschine. Die Frage muss lauten, was auf Basis digitaler Technologien neu geschaffen werden kann.
So formuliert klingt das vielleicht zunächst etwas kryptisch, doch tatsächlich fällt die Antwort darauf für jedes Unternehmen vollkommen anders aus. Für die Einen kann die Einrichtung einer separaten Abteilung sinnvoll sein, die sich ausschließlich mit Digitalisierungsthemen auseinandersetzt. Für die Anderen macht ein Chief Digital Officer Sinn, der das Thema von oben herab treibt. Und für wiederum Andere ist eine Projektgruppe vielversprechend, die isoliert und strukturiert an Digitalisierungslösungen arbeitet.
MANN+HUMMEL hat beispielsweise bewusst einen Ansatz gewählt, der auch geografisch fernab des Kerngeschäfts stattfinden sollte. Experten mit Erfahrungen aus den unterschiedlichsten Branchen haben sich in Singapur zusammengefunden und entwickeln Technologien, die sich auf verschiedenste Bereiche des Geschäfts anwenden lassen. So kann es gelingen, aus einer frischen Denkweise heraus Innovationen zu treiben.
Das gilt auch auf Länderebene. Auf Basis neuer Technologien ergeben sich auch für weniger weit entwickelte Länder völlig neue Möglichkeiten, in der Weltwirtschaft aufzuholen. Wir müssen uns bewusstmachen, dass auch aus dieser Perspektive der Druck zur Digitalisierung steigt. Dennoch ist heute schon viel mehr in Bewegung als noch vor einigen Jahren, und wir befinden uns auf einem guten Weg – auch wenn er noch weit ist.
IDC White Paper Studie von IDC im Auftrag von Dassault Systèmes
Bereits zum dritten Mal analysiert IDC im Auftrag von Dassault Systèmes den Digitalisierungsstand der deutschen Wirtschaft. Die aktuelle Untersuchung befasst sich mit der Veränderung von Ökosystemen und Geschäftsmodellen im Zuge der digitalen Transformation, und wird am 18. Oktober 2018 veröffentlicht. Auf Basis der Studie wird Lynn Thorenz am 19. Oktober auf dem 3DEXPERIENCE Forum in Göttingen an einer Paneldiskussion mitwirken. Die jüngste Studie von IDC in Kooperation mit Dassault Systèmes, „Die nächste Stufe der digitalen Transformation in Deutschland: Mit Cloud-PLM zu mehr Produktinnovation und Effizienz”, kann hier heruntergeladen werden.