„Es existierten MP3-Player vor dem iPod, und das iPhone war auch nicht das erste Smartphone“, sagt John Maeda, Design Partner bei Kleiner Perkins Caufield & Byers und ehemaliger Präsident der Rhode Island School of Design, „aber sie sind diejenigen, die niemandem egal sind.“
Was Maeda in diesem Artikel für die Huffington Post aus dem Jahr 2011 beschreibt, ist der „erste Moment der Wahrheit“ (First Moment of Truth, FMOT) – der Moment, in dem der Kunde ein Geschäft betritt, eine Auswahl vergleichbarer Geräte vor sich hat und sich entscheiden muss. Man nimmt mehrere MP3-Player in die Hand – und entscheidet sich in diesem FMOT für das Gerät, das man dann kauft. In einer Welt, in der sich Geräte in Bezug auf Technologie, Preis, Funktion und Leistung immer mehr ähneln, macht das Design oft den entscheidenden Unterschied.
Designstudios wie Karten Design arbeiten daran, solche Unterschiede zu entwickeln. „Wie bekommt man Aufmerksamkeit? Wie ragt man heraus? Wie müssen Dinge aussehen, die man nicht mehr hergeben möchte? Wir nutzen dazu Designforschung“, sagt Stuart Karten, Gründer und Geschäftsführer des Studios. Das Innovationsunternehmen beschäftigt Wissenschaftler, Soziologen, Anthropologen und Designer, die mit den Menschen, für die sie Produkte entwickeln, Zeit verbringen.
„Wir versuchen, ihre Gewohnheiten und Zeremonien zu verstehen, so dass wir Gegenstände entwickeln können, die in das Leben dieser Menschen genau hineinpassen“, erläutert Karten. „Noch wichtiger ist es, unbefriedigte Bedürfnisse zu finden – Bedürfnisse, die die gesamte Personengruppe hat, die aber von aktuellen Produkten oder Produktgruppen nicht abgedeckt werden. Diese unbefriedigten Bedürfnisse steuern unsere Ideen.
Für den Bereich Consumer-Elektronik bedeutet dies, dass es nicht nur darum geht, eine Zielgruppe zu definieren und ein Produkt auf diese Zielgruppe zuzuschneiden, sondern weiterzudenken, damit das Produkt auch in der Anwendung die Bedürfnisse erfüllt. Dieser zweite Teil, der auch als der zweite Moment der Wahrheit“ (Second Moment of Truth, SMOT) bekannt ist, ist entscheidend für den Aufbau einer langfristigen positiven Kundenbeziehung. „Das ist der Maßstab, den man an ein Produkt anlegen muss, um es wirklich erfolgreich zu machen“, sagt Karten. „Es muss gut aussehen, um diesen ersten Moment der Wahrheit zu gewinnen, und dann Bedeutung und Wert in den Leben der Menschen erringen.“
Um positive FMOT und SMOT zu erzielen, gehen Karten und sein Team dorthin, wo ihr Ideenfindungsprozess beginnt – zu den Verbrauchern. „ Nimm die Dinge und gebe sie den Menschen schnell in die Hand“, sagt Karten, „dieses Prinzip ist tief in unserem Unternehmen verankert. Wir wollen schneller und früher im Designprozess Feedback erhalten, um herauszufinden, welche Eigenschaften herausragend sind, welche Ideen funktional und emotional passen.“ Früheres Feedback bedeutet schnellere Iterationen und eine kürzere Zeit, bis das Produkt auf den Markt kommt.
Dieser Prozess umfasst eine ganze Serie, virtueller und physischer, zunächst relativ grob modellierter Prototypen, die mit jeder Iterationsschleife an Detailreichtum gewinnen. Virtuelle Prototypen bieten Fokusgruppen einen realistischen Eindruck vom Endprodukt, was Zeit und Kosten spart, schon bevor die ersten realen Prototypen entstehen. „Dank neuer Technologien wie dem 3D-Druck kann der iterative Designprozess sehr schnell und kosteneffizient genutzt werden. Das spart eine große Menge an Zeit“, sagt Arieh Halpern, Life Sciences Industry Business Consultant Director bei Dassault Systèmes. Dassault Systèmes arbeitet an Lösungen wie „Ideation & Concept Design“, das Anforderungen verfolgt und konkurrierende Fokusgruppen verwaltet, um den Zeitraum von der Forschung bis zur Markteinführung zu verkürzen. „Man ist jetzt in der Lage, in Echtzeit gemeinsam mit den Fokusgruppen an einem Konzept zu arbeiten, in Echtzeit Modelle zu erstellen und diese dann in 3D zu drucken“, erläutert Halpern.
Die Verkürzung der Markteinführungszeit macht im Bereich der Consumer-Elektronik einen großen Unterschied, weil man das Produkt schneller in die Hände der Zielgruppe geben kann und dort früher den FMOT und den SMOT auslösen kann. In einem Bereich wo Design den Unterschied macht, kann diese gesparte Zeit den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. „Ein Produkt muss so sein, dass es die Menschen besitzen wollen. Man muss die Show stehlen!“, sagt Karten. „Das ist der erste Moment der Wahrheit.“ Wenn ein Produkt in diesem ersten Moment nicht funktioniert, kann das der letzte Moment dieses Produkts gewesen sein.
Ansprechpartner: Estelle Fernandez, HighTech Senior Industry Marketing Manager bei Dassault Systèmes
Erstmals erschienen bei Core 77