12:55: Hallo aus Leipzig zum Liveblogging vom 3DEXPERIENCE Forum. Trotz Streik bei der Lufthansa füllt sich der Saal schnell, die letzten Vorbereitungen laufen und alles wartet auf den Beginn.
Einen Livestream gibt es übrigens auch.
13:10: Roland Clement von Porsche begrüßt die Teilnehmer. Im Porsche-Werk-Leipzig werden pro jahr 170.000 Fahrzeuge, alles Viertürer, gebaut. Porsche will hier eine Marken-Experience bieten, nicht nur als statische Ausstellung, sondern im wahrsten Sinn des Wortes erFAHRbar. Die Rennstrecke vor der Tür ist von der FIA für die Formel 1 zertifiziert.
Besucher können als Copilot oder selbst auf die Strecke gehen. Echte 3DExperience. Vollgas mit dem 911 GT3, einem echten Cup-Rennwagen. Dabei nutzt Porsche den Regelkreis Measure – Compare – Optimize, bis der Kunde an die Performance des Instruktors herankommt. Dabei kommt auch Software zum Einsatz – allerdings (noch) nicht von Dassault Systèmes.
13;33: Laurent Blanchard, EVP, Global Field Operations (EMEAR), WW Alliances and Services, Dassault Systèmes, spricht über die verschiedenen Maßstäbe, die sich heute simulieren lassen – vom Molekül bis zum Flugzeug. Digitalisierung und die Allgegenwärtigkeit von Informationen verändern die Wirtschaft völlig. Nächster Schritt: Der digitale Zwilling.
Der digitale Zwilling – die realitätsgetreue Abbildung von Gestalt, Eigenschaften und Verhalten – bringt die Endkunden-Experience in das gesamte Unternehmen.
Rethink Innovation. Blanchard spricht über das Living Heart Project. Das Modell wird heute schon für die Optimierung von Implantaten und Medizintechnik genutzt.
Topologieoptimierung am Beispiel einer Triebwerkshalterung für Flugzeuge. Einsparung: 1,289 Kilo gegen 0,348 Kilo bei gleicher Festigkeit.
Zusammenarbeit über Firmengrenzen hinweg: Dassault Systèmes hat mit der deutsch-französischen Firma AKKA ein Auto entwickelt – in einer offenen Entwicklungsumgebung.
3DEXPERIENCity -gemeinsam mit Singapur arbeitet Dassault Systèmes an der Smart City. Singapur wird in den nächsten Jahren von fünf auf zehn Mio. Einwohner wachsen – und das vor dem Hintergrund, dass 95% der Stadtfläche schon bebaut sind. Das ist nur mit guter Planung zu schaffen – und mit der Simulation am digitalen Zwilling der Stadt.
14:00: Andreas Barth, Managing Director EuroCentral, Dassault Systèmes, beginnt mit “Products are not enough – Customers buy Experiences – Experiences are the new Innovation.” Experience thinking ist ein Framework für Innovation.
In der gesamten Welt laufen Initiativen wie die deutsche Industrie 4.0. Dassault Systèmes arbeitet in vielen Gremien und Netzwerken und arbeitet mit Beratern und Systemintegratoren an der Zukunft.
Von der Massenproduktion zur Individualisierung – das ist der Treiber für die intelligente Fertigung – Industrie 4.0.
Dr. Eduard Sailer, Managing Director, Miele & Cie. KG, beginnt damit, dass auch Miele einmal Autos gebaut hat – genau 145 Stück vor dem ersten Weltkrieg. Das 1899 gegründete Unternehmen Miele ist nach wie vor im Besitz der Familie, aktuell mit etwa 70 Beteiligten. Ein mittelständisches Unternehmen (nach eigenem Verständnis) mit fast 18.000 Mitarbeitern.
Miele baut schon seit zehn Jahren intelligente Waschmaschinen, die Waschmittel selbst zusammenstellen. Die Herausforderung ist, diese Intelligenz weiterzuführen in das Zeitalter smarter Geräte.
“Ingenieure denken bisher nicht in ‘Business Innovation'” – das müsse sich ändern. Der Ingenieur muss breiter aufgestellt sein – in diesem Fall über Mechanik und Elektronik, sondern auch in der Chemie der Waschmittelkomponenten. Wichtig ist bei einem System aus Waschmaschine und speziellen Waschmittelkomponenten auch die Frage, wie die Kosten auf die Waschmaschine und das Waschmittel verteilt werden – ähnlich dem geschäftsmodell der Tintenstrahldrucker, wo der Anwender den Drucker billig kaufen kann, weil der Hersteller über die Tinte den notwendigen Deckungsbeitrag erwirtschaftet. Dieses Businessmodell ist ein integraler Bestandteil des Produktdesigns und damit auch für den Konstrukteur wichtig.
Miele nutzt einen integrierten Entwicklungsprozess auf Basis von V6 bis hin zu den Produktbildern, die alle gerendert werden. Die Schnittstelle von Cideon verbindet die Dassault Systèmes- und die SAP-Welt. Dei Verantwortlichen arbeiten an einer noch engeren Integration.
Prof. Dr. Dr.-Ing. Dr. h. c. Jivka Ovtcharova, Head of Institute, Karlsruhe Institute of Technology (KIT), über die hier im Blog schon einmal berichtet wurde, spricht über “Digitalisierung im Tagesgeschäft”. Digitalisierte Daten lassen sich – im Gegensatz zu analogen Daten – effizient weiterverarbeiten.
Technologie ist immer stärker auf den Mensch zentriert – sie muss dazu intuitiv werden, weil der Mensch auf Basis von Erfahrungen lernt. Auch das Engineering muss sich dazu ändern, das Gesamtprodukt muss von Beginn an im Blick sein.
Das Sammeln und Speichern ist nur der kleine sichtbare Teil des Eisbergs, die Analyse ist der größere, schwierigere und “gefährliche” Teil.
Wie kommt die Digitalisierung ins Tagesgeschäft? Daten müssen zunächst intelligent aufbereitet werden, die Qualität muss möglichst automatisch verifiziert werden – und das alles internetfähig und in Echtzeit. Das Grundprinzip: Jederzeit der Blick aufs Ganze.
Auch Prof. Ovtcharova sprach vom digitalen beziehungsweise virtuellen Zwilling. In einem Projekt wurde eine Lösung entwickelt, mit der sich eine Fräsmaschine über das Internet bedienen lässt – komplett mit Echtzeit-Rückmeldung von der Maschine. Ebenfalls am KIT wird eine Lösung zur Echtzeit-3D-Erfassung entwickelt – im Prinzip geht es um 3D-Scannen, das aber nicht mit einer Punktewolke, sondern mit Voxeln arbeitet.
Digitalisierung ist eine Chance, der Perspektivwechsel nur der erste Schritt. Die Entwicklung benötigt Raum und Zeit für Erfahrungen und Rückschläge. Sie muss in allen Stufen der Wertschöpfungskette umgesetzt werden. Wichtigste Anforderung ist die Qualifizierung des Personals. Digitalisierung ist schon da und ein Teil unseres Lebens – spätestens seit dem ersten Smartphone.
16:00: Nach der Kaffeepause ein interessanter Vortrag von Philippe Rathle,Chief Financial Officer & Chief Administrative Officer von Solar Impulse, dem Projekt einer Erdumrundung mit einem solargetriebenen Flugzeug (das Dassault Systèmes-Blog berichtete). Das Flugzeug steht derzeit in Hawaii, da auf der längsten Etappe über den Pazifik mehrere der Batterien an Bord Schaden genommen hatten. zudem begann die Monsunsaison in deisem Jahr einen Monat früher – ein Hinweis auf den Klimawandel.
Das Projekt wird von Bertrand Piccard und Andre Boschberg geleitet, wobei letzterer der Technikverantwortliche ist. Letzteres war wichtig, um herauszufinden, ob die zentrale Herausforderung des Projekts umsetzbar sein würde: Das Flugzeug muss mit seinen Solarzellen tagsüber nicht nur die Motoren betreiben, sondern auch die Batterien so weit laden, dass die Motoren die ganze Nacht hindurch laufen können.
Das Flugzeug hat eine Spannweite von 72 Metern – mehr als ein Jumbo-Jet – und wiegt lediglich 2,3 Tonnen, die Gesamtleistung der vier Motoren beträgt 70 PS – das zeigt schon die Herausforderungen bei der Entwicklung. Die LiPo-Akkus sind alleine für ein Viertel des Gesamtgewichts verantwortlich und in den Motorgondeln an den Flügeln positioniert.
Solar Impulse wurde mit CATIA und ENOVIA entwickelt und simuliert. Rathle nannte die Gründe: CATIA war zur Zeit der Evaluation Marktführer bei der Freiformflächenmodellierer, weit verbreitet, einfach zu bedienen und kann mit Composite-Werkstoffen gut umgehen.
16:45: Sascha Lobo nimmt das Beispiel des Red Flag Acts, um zu zeigen, wie die Gesetzgebung – und die Gesellschaft – mit Fortschritt umgeht. Heute sind wir in einer Zeit des exponentiellen Fortschritts, das Smartphone hat in nur acht Jahren unser Leben bis ins Alltagsleben hinein völlig verändert. Google arbeite an einer App, die aus einem Foto einer Mahlzeit die darin enthaltenen Kalorien und Nährstoffe errechnen kann – ein digitaler Strom an Daten aus unserem Essen.
Ein gutes Beispiel für die “Intelligenz der Masse ist das Wegenetz der Uni Oregon: Man säte im gesamten Campus Gras, wartete sechs Monate und legte genau dort Wege an, wo das Gras weggetrampelt war.
Wichtig: Bei der Umwandlung der Wirtschaft zur digitalen Ökonomie müssen alle Werkzeuge neu gedacht werden. Was in einem Bereich funktioniert, muss in anderen Einsatzgebieten nicht funktionieren.
Die schiere Größe der sozialen Medien: Facebook ist nach Seitenaufrufen nicht nur die größte Website der Welt, sondern auch größer als die folgenden 100 Sites zusammengenommen. “Social Media ist die Blüte einer viel größeren Pflanze, nämlich der sozialen Vernetzung und Kommunikation.”
“Wir sind nicht im Zeitalter der Daten, sondern im Zeitalter der Datenströme. Und das wird die Wirtschaft völlig verändern.”
Die Existenz von Hula – einer Plattform, auf die man seine Geschlechtskrankheiten hochladen und diese Informationen mit seinen Freunden teilen kann – zeigt, dass die Datenbegeisterung keine Grenzen kennt.”