Die Revolution der Lebensmittel-Technologie

Die Nahrungsmittelbranche ist die größte der Welt, ihr Markt im Jahr 2015 beträgt rund 2 Billionen Euro. Im Jahr 2050 werden ungefähr 9,6 Milliarden Menschen auf der Erde leben, was dazu führt, dass sich viele Menschen Sorgen machen, ob der Hunger in Zukunft zunehmen wird. Nach Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen muss die Nahrungsmittelversorgung um 60 Prozent steigen, um diesem Bedarf gerecht werden zu können.

Feeding the planetDas bedeutet unter anderem einen Anstieg von 19 Prozent des landwirtschaftlichen Wasserverbrauchs, über eine Milliarde Tonnen zusätzliches Getreide und mehr Viehwirtschaft – die bereits heute den größten Anteil an landwirtschaftlichen Nutzflächen beansprucht.

Es gibt keine Universallösung für dieses Problem. Wirtschaft und Technologie spielen jedoch bei der schrittweisen Problemlösung durchaus eine Rolle.

Schwerpunkt Abfall

Einen Schwerpunkt bei der weltweiten Suche nach einer Verminderung der Belastung für die Nahrungsmittelressourcen des Planeten bilden die 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittelabfall (ohne Fisch und Meeresfrüchte), die jährlich 750 Milliarden USD kosten.

Dazu tragen Verbraucher, Lebensmittelgeschäfte und Restaurants bei. Verfallsdaten, die eher als unabänderliche Regel denn als Richtlinie verstanden werden, führen dazu, dass häufig Nahrungsmittel entsorgt werden, die noch essbar sind. Es wird mehr Essen gekauft als nötig, oder riesige Verpackungsgrößen enthalten mehr Nahrungsmittel als erforderlich. Große Teile dieses Nahrungsmittelabfalls und seiner Verpackung landen auf Mülldeponien oder verschmutzen den Ozean.

Die Revolution der Lebensmitteltechnologie

Technologische Fortschritte, vom Flugzeugdesign bis hin zur Größe unserer Telefone, haben die Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Diese Entwicklungen beeinflussen unser Leben in allen Bereichen. Kann Technologie nun also auch dazu beitragen, die Herausforderungen der Nahrungsmittelversorgung zu lösen? Können Technologie und Lebensmittel in einer Revolution der „Lebensmitteltechnologie“ zusammengeführt werden?

Viele würden sagen, dass dies längst geschehen ist. Kreative Initiativen helfen bereits bei der Vermeidung, Reduzierung und Wiederverwertung von Nahrungsmittelabfällen und machen die Lebensmittelbranche nachhaltiger.

In Deutschland existiert eine ganze Reihe von Initiativen und Restaurants, die die Nutzung von „hässlichem Gemüse“, also krummen Gurken, knubbeligen Kartoffeln oder anderen Naturprodukten, deren Form außerhalb der Handelsnormen liegen, propagieren oder zum Motto erkoren haben. Beispiele sind Ugly Fruits und Etepetete in München oder auch Culinary Misfits in Berlin.

LiquiGlide ist eine neue Antihaftbeschichtung, die – auf der Innenseite von Flaschen angebracht – dafür sorgt, dass keine Nahrungsmittel haften bleiben. Die Idee entstand wohl bei der Forschung zur Vermeidung von Eisbildung an den Tragflächen von Flugzeugen. Das deutsche Startup Qmilk stellt Textilien aus saurer Milch her. Zahlreiche Onlineanbieter liefern die exakte Zutatenmenge, die zur Zubereitung einer Mahlzeit erforderlich ist, und vermeiden so Lebensmittelabfälle und Kosten.

Dies sind nur einige Beispiele aus einer Branche, für die sich auch Risikokapitalgeber interessieren. Dow Jones Venture Source gibt an, dass in der ersten Hälfte des Jahres 2014 ungefähr 1,1 Milliarden US-Dollar in Lebensmittel-Startups investiert wurden. Die Aktivitäten dieser Startups sind höchst vielseitig, von Lebensmittellieferungen bis hin zum Online-Handel lokaler Landwirtschaftsbetriebe, aber der Grundtenor ist derselbe: Investoren, die traditionell den grundlegenden Wandel in den Bereichen Technologie und Gesundheit mitgetragen haben, wenden sich nun Lebensmitteln zu.

Die Rolle der Software

Auch Software hat das Potenzial, eine wesentliche Rolle bei dieser Revolution zu spielen und sie weiterzuentwickeln: Nachhaltigkeitserwägungen noch vor der Markteinführung. Intelligente Lösungen können die an der Lebensmittelerzeugung oder -verpackung beteiligten Branchen umweltfreundlicher machen, indem ihr Ressourcenverbrauch gesenkt oder ihre Prozesse verbessert werden. Dies wirkt sich auf alle folgenden Schritte aus und verringert so die Verschwendung von Wasser, Luft, Pflanzen und Boden.

Unternehmen, die Gebrauchsgüter verpacken, verwenden neue Fertigungstechniken wie Gewichtsoptimierung zur Konstruktionsoptimierung der Kunststoffverpackung, Senkung des Rohstoffverbrauchs und Verringerung der Umweltschäden ihrer Kunststoffverpackungen über den gesamten Lebenszyklus. Dazu sind virtuelles 3D-Design, Finite-Element-Analyse, Vernetzte Innovation und Workflow-Management erforderlich.

Maschinen- und Anlagenbauer konzentrieren sich auf grüne Landwirtschaftsmaschinen, die Wasser und Energie effektiver nutzen, um beispielsweise bei Energie oder Dünger mit weniger Input mehr Output zu erzielen. Dies kann durch kollaborative Konzeptionsprozesse erreicht werden, bei denen Maschinenbau-, Elektro- und Hydraulikingenieure in einer digitalen Umgebung zusammenarbeiten, bevor der erste Prototyp gefertigt wird. Außerdem können gespeicherte und verwaltete Konzeptionsdaten einer Maschine aufgerufen und aktualisiert werden, und so der Lebenszyklus der Maschine durch Modernisierung verlängert werden.

Ein gutes Beispiel dafür ist CLAAS. Der deutsche Hersteller landwirtschaftlicher Nutzmaschinen beschäftigt über 11.000 Mitarbeiter und erzielt Umsätze von beinahe vier Milliarden Euro. Die Mähdrescher, Feldhäcksler, Ballenpressen, Traktoren und Felderntemaschinen werden von Landwirten auf der ganzen Welt genutzt.

Claas Landmaschinen

CLAAS entschied sich für Dassault Systèmes Lösungen für die Entwicklung dieser optimierten Nutzmaschinen. Die Entwicklungs- und Produktionsstandorte des Unternehmens auf der ganzen Welt erhalten so Zugriff auf eine zentrale Produktinformationsquelle für praktisch alle Bauteile eines Produkts. Konstrukteure können ihre Entwürfe digital speichern und testen. Maschinenbau-, Elektro- und Hydraulikingenieure arbeiten in einer digitalen Umgebung zusammen, um eventuell notwendige Änderungen vorzunehmen. All diese Schritte können durchgeführt werden, bevor ein Entwurf abgeschlossen wird und Prototypen hergestellt werden. So lassen sich von vornherein eine übermäßige Abfallproduktion und Produktionsfehler reduzieren. Zentral gespeicherte und verwaltete Konstruktionsdaten für jede Maschine sind mühelos abzurufen. So können Maschinen mit langen Lebenszyklen immer mit der neuesten Technologie aktualisiert und intelligentere Maschinen entwickelt werden. Den vollständigen Kundenbericht finden Sie auch auf unserer Webseite.

„Blickt man auf die letzten 20 bis 30 Jahre zurück, wird klar, dass technologische Fortschritte im Maschinenbau stets mit Größe und Pferdestärken verbunden waren. Heutzutage liegt der Fokus mehr auf intelligenten, energieeffizienten Maschinen, die mehr leisten und die Betriebskosten gleichzeitig gering halten. Diese Maschinen werden von Landwirten bevorzugt, denen Ressourceneffizienz wichtiger ist als Pferdestärken und Produktivität der Maschinen“, sagt Dr. Hermann Garbers, ehemaliger Executive Vice President Technology and Quality, CLAAS.

Derzeit wird zudem der Einsatz von Drohnen bei der Landarbeit untersucht, beispielsweise für das Sammeln von Daten zur Bewässerung oder zum Gesundheitszustand des Ernteguts, um Landwirten fundierte Entscheidungsgrundlagen zu bieten. Hightech-Designer und -Ingenieure können mit Cloud-basierten Designtools und Technologien für eine intelligente Zusammenarbeit komplexe 3D-Formen erstellen und damit Struktur, Gewicht, Stabilität, Größe, Manövrierbarkeit und Leistung einer Drohne verbessern.

Das sind nur einige Beispiele für die Möglichkeiten, die Software in der Nachhaltigkeit eröffnet. Gemeinsam mit den Initiativen zur Senkung von Nahrungsmittelabfällen auf dem Markt kann Technologie im Allgemeinen dazu beitragen, den Lebenszyklus von Nahrungsmittelabfällen insgesamt nachhaltig zu verändern und hat damit das Potenzial die weltgrößte Branche digital aufzurütteln.

Narayan is Chief Operations Officer at satsearch, chiefly responsible for helping buyers find the right products and services for their mission or service through the global marketplace. Narayan holds a PhD in Supply Chain Management from the University of Erlangen-Nuremberg and previously served as an Associate Research Fellow at the European Space Policy Institute where he contributed to enhancing cooperation between Europe and India in space.