Die Vielfalt im Griff: Konsolidierung des Kaufteilportfolios

Für die Einkaufsabteilungen sind die Gräben zwischen Preiszielen und dem Bedarf der Konstruktion oft recht tief. Je höhere Stückzahlen eines Kaufteils er anfragt, desto einfacher ist es für den Einkäufer, einen guten Preis zu erzielen. Die Konstruktion wiederum sucht optimale Lösungen, was zu vielen sehr ähnlichen Teilen führt – oder sogar zu Doubletten. Um den Spagat zwischen den hohen Sparerwartungen der Geschäftsleitung und den Anforderungen der Konstruktion zu schaffen, benötigt der Einkäufer Werkzeuge, die ihm einerseits das Aufspüren von Bestandsteilen ermöglichen und andererseits der Konstruktion helfen, passende Teile zu nutzen statt weitere Doubletten zu erzeugen.

Jeder, der an der Produktentwicklung beteiligt ist, kennt sie: Die unzähligen Halter und Winkel, die fast, aber eben nicht ganz gleichen Kugellager und Zahnräder oder auch unzählige Varianten von Federn, die sich im Laufe der Jahre durch Mehrfachkonstruktion gleicher Teile in der Produktdatenbank und im ERP-System ansammeln.

Fast immer werden die Folgekosten von neuen Doubletten beziehungsweise sehr ähnlichen Teilen unterschätzt. In großen Unternehmen muss nicht nur der Freigabeworkflow neu durchlaufen, sondern auch bis zu 400 weitere Schritte und Datenelemente erstellt werden: Qualitätssicherungsunterlagen, NC-Programme, Stücklisten und viele andere. Je nach Branche werden Kosten zwischen 1.200 und 10.000 Euro pro Teil genannt. Es lohnt sich also durchaus, vorhandene Teile wiederzuverwenden.

EXALEAD Teilefamilienbildung
OnePart Reduce zur Teilefamilienbildung

Betrachtet man das Thema aus der Perspektive des Einkaufs, sind noch weitere Einsparungen möglich. So führt die Konsolidierung von Teilefamilien im besten Fall zu einer sinkenden Zahl an Zulieferern, auf jeden Fall aber zu höheren Bestellmengen, was wiederum Preissenkungen möglich macht. Oft bringt eine Verdopplung der Abnahmemenge einen Rabatt von ein bis fünf Prozent.

 

Intelligente Suchsysteme wie EXALEAD nutzen die geometrische Ähnlichkeitssuche in Kombination mit Metadaten zum Aufbau von Teileclustern, also von Familien ähnlicher Teile. Dies ermöglicht zum einen das schnelle Auffinden von Kandidaten für die Konsolidierung, zum anderen lassen sich so Preisausreißer, also im Vergleich zu ähnlichen Teilen ungewöhnlich teure Teile identifizieren. Der Einkäufer kann dann gezielt versuchen, Preisverhandlungen für diese Teile neu anzustoßen. Oder er spricht mit der Konstruktion, ob gerade dieses Teil wirklich verwendet werden muss oder ob ein alternatives Teil ausreicht. In der Ergebnisdarstellung zeigt die Software nicht nur die ähnlichen Teile an, sondern auch, wie oft und in welchem Kontext sie verwendet werden. So lassen sich durch das Clustering schnell und effizient Kostensenkungen erzielen.

Metadatenvergleich
Metadatenvergleich unterstützt Make or Buy-Entscheidungen

Cluster bieten aber auch Vorteile bei der Preisfindung für neue Teile: Der Einkäufer findet dank der geometrischen Ähnlichkeitssuche – auch 3D similarity search genannt – sehr schnell ähnliche Teile und kann anhand der Kalkulation dieser schon bestehenden Teile das neue Teil zumindest grob preislich bewerten, dies erleichtert Make or Buy-Entscheidungen. Zudem sieht er so, welche Lieferanten für das neue Teil in Frage kommen, und kann gezielter anfragen.

Inzwischen ist ja bekannt, dass Vergleichsportale im Internet oft nicht die preiswertesten oder besten Anbieter ganz oben anzeigen, sondern diejenigen, von denen sie die meisten Provisionen kassieren. In der Erwartung, dass dann viele bei diesen Anbietern Verträge abschließen und die Provisionen entsprechend sprudeln. Ein analoger Effekt – aber mit positivem Ergebnis für das Unternehmen – lässt sich durch Vorzugsreihen erzielen. Dazu definiert der Einkäufer die bevorzugten Teilefamilien, beispielsweise bestimmte Schraubenlänge/Durchmesserkombinationen. Diese werden den Konstrukteuren in der Suche oben angezeigt und farblich markiert. So lässt sich fast unbewusst das Engineering steuern.

Und das lohnt sich: Im Maschinenbau rechnet man bei einer zwei- bis fünfprozentigen Erhöhung der Wiederverwendung mit Einsparungen von etwa 1.000 Euro pro Teil, im Fahrzeugbau sind es 4.000 und in Luft- und Raumfahrt zehn- bis zwanzigtausend Euro pro Teil. Da kommen schnell erkleckliche Beträge zusammen – gesteuert vom Einkauf.

 

EXALEAD als Teil der Plattform
OnePart als direkter Zugriff aus der 3DEXPERIENCE Plattform

EXALEAD, eine Anwendung der 3DEXPERIENCE Plattform von Dassault Systèmes bietet die Möglichkeit, eine Vielzahl von Datenbanken und CAD-Formate parallel zu durchsuchen. So lassen sich auch beispielsweise über die Datenbestände mehrerer Tochterfirmen hinweg Doubletten finden und Cluster bilden – mühsame Doppelarbeit in mehreren Systemen entfällt.

 

Tom-David Graupner

Dr. Tom-David Graupner ist EXALEAD Senior Sales Representative für die Region EUROCENTRAL bei Dassault Systèmes und betreut Kunden unterschiedlicher Branchen als Teil des EXALEAD/ENOVIA Teams.