Sind wir mal ehrlich, bei den ‚Big Machines‘ wie Baumaschinen drängen sich einem die Gedanken nach smarter und autarker Sensortechnik nicht gerade auf. Dabei kann innovative Sensortechnik gerade im Bausektor enorm hilfreich sein. Auf der Hannover Messe wurden die Vorteile unter Verwendung der additiven Fertigung, am Beispiel zur Zustandsüberwachung der Hydraulikpumpe eines Baggers gezeigt. Möglich gemacht durch einen Sensor, der verschiedene Betriebsparameter wie Temperatur, Akustik oder Beschleunigungen messen kann und damit einen Rückschluss auf den Zustand verschiedener Komponenten der Pumpe zulässt.
Wie aber sieht der Überwachungsprozess konkret aus? Zuerst werden die erhobenen Daten ohne Zeitverluste an digitale Moniroringsysteme gesendet und ausgewertet. Dann kann beispielsweise ein potentielles Versagen frühzeitig vorhergesagt und durch das Austauschen der betroffenen Komponente vermieden werden.
Bei der Positionierung des Sensors und Konstruktion des Sensorhalters sind jedoch einige Rahmenbedingungen zu erfüllen. Eine direkte Anbringung des Sensors am Gehäuse der Hydraulikpumpe ist wegen der anliegenden Temperaturen schlicht nicht möglich. Damit wird die Verbindung bzw. Halterung des Sensors in einem definierten Abstand zum Pumpengehäuse erforderlich. Soweit so gut, aber was, wenn die Sensorhalterung dann auch noch möglichst leicht sein muss, um das dynamische Eigenverhalten der Pumpe nicht zu stark zu beeinflussen?
Eine Topologieoptimierung des Sensorhalters bietet die Möglichkeit, beide Anforderungen zu erfüllen – die Bauteilmasse durch das minimal notwendige Bauteilvolumen auf ein Minimum zu reduzieren und gleichzeitig die geforderten Steifigkeiten abhängig von den zuvor definierten Lastfällen zu gewährleisten.
Die aus einer Topologieoptimierung resultierenden, häufig komplexen Bauteilgeometrien (Abbildung 1) sind allerdings mit konventionellen Fertigungstechnologien oft gar nicht oder nur sehr aufwändig und teuer herzustellen. Genau an diesem Punkt kann die additive Fertigung ihr volles Potenzial ausschöpfen. Durch den schichtweisen Aufbau eines Bauteils in einem pulverbasierten Laserschmelzprozess ist es möglich, jede noch so komplexe Geometrie abzubilden und – insbesondere bei kleineren Stückzahlen – wirtschaftlich zu fertigen.
Per metallischem 3D-Druck wäre es zwar möglich, das Bauteildesign genau in der Form, die die Topologieoptimierung ergeben hat, zu drucken. Allerdings bräuchte diese Form aufgrund der Prozesseigenschaften des Laserschmelzens an den überhängenden Bereichen in der Mitte des Sensorhalters (Abbildung 2) sogenannte Stützstrukturen.
Diese sollen das schwerkraftbedingte Absacken der Bauteilsektionen im Pulverbett zu verhindern und die im Bauteil durch den hohen Energieeintrag des Lasers entstehende Wärme besser ableiten, um so die Bauteile vor Verzug zu schützen. Allerdings ziehen die Stützstrukturen bei der additiven Fertigung eine manuell zu bewerkstelligende Nacharbeit und damit zusätzliche Fertigungskosten nach sich, was letzten Endes den Bauteilpreis in die Höhe treibt.
An diesem Punkt setzt der zunehmende Wissensschatz des „Design for Additive Manufacturing“ (DfAM) an, welches eine Sammlung von Konstruktionsmethoden, -richtlinien und -empfehlungen bildet. Eine dieser Empfehlungen: Kein Teil der zu druckenden Struktur sollte sich in einem Winkel von mehr als 45° von der Baurichtung (Maschinen-z-Achse) abneigen, um Stützstrukturen zu minimieren oder zu vermeiden. Im Fall des Sensorhalters, dessen Re-Design am Demopunkt von APWORKS auf dem Stand von Dassault Systèmes auf der Hannover Messe zu sehen war, hieß das, dass eine „Kuppeldecke“ unterhalb der waagerechten und deshalb problematischen Struktur konstruiert wurde.
Ausgehend von dieser verbinden nun senkrechte und am oberen Ende in die Waagerechte übergehende Zylinder die Kuppeldecke mit der ursprünglichen Unterseite des Sensorhalters. Somit werden die waagerechten Strecken bzw. Flächen auf ein noch druckbares Minimum reduziert und keine Stützstruktur benötigt. Das hierdurch notwendige Mehrvolumen konnte durch die minimale Wandstärke von 1mm so klein gehalten werden, dass die Bauteilmasse im Vergleich zum rein topologieoptimierten Ergebnis lediglich um 7% zunahm, was bei den in dieser Anwendung geltenden Rahmenbedingungen ohne weiteres möglich ist.
Was hier sehr technisch klingt hat einen überzeugenden Vorteil: Verglichen mit der Fertigung und Nacharbeit der rein topologieoptimierten Bauteilgestalt sinkt der Preis für das Bauteil um 22%.
Der Anwendungsfall mit dem Sensorhalter zeigt einmal mehr, wie relevant der Dreiklang aus Design, Fertigung und Material bei der additiven Fertigung ist. Das Potenzial der additiven Fertigung kann erst dann in hohem Maße und über verschiedene Produktlebenszyklusphasen hinweg ausgenutzt werden, wenn möglichst früh in der Produktentstehung angesetzt und ein Bauteil entsprechend der DfAM-Empfehlungen konstruiert wird. Nicht nur im Bausektor…