Vom 25.-29. April 2016 konnten sich Besucher der Digital Factory auf der Hannover Messe über die Möglichkeiten der Digitalisierung in der Produktentwicklung und Fertigung informieren. Viele Unternehmen stehen dabei noch ganz am Anfang, andere haben die ersten Projekte bereits erfolgreich umgesetzt. Es geht also weniger um die Erkenntnis, dass die Digitalisierung ein wichtiger Baustein einer zukunftsfähigen Produktentwicklung und -herstellung ist. Die Frage, die sich Unternehmen stellen lautet, wie sieht konkret für uns der nächste Schritt aus und wie packen wir diesen an.
Wenn wir über die digitale Fabrik sprechen, werden meist zwei Themengebiete genannt:
- Flexible Produktion mit dem Ziel der Losgröße 1, also einer auftragsindividuellen Produktion und
- IoT, das Internet der Dinge, mit der Machine-to-Machine (M2M) Kommunikation und der Möglichkeit, über unzählige Sensoren massenhaft Daten zu sammeln und diese auszuwerten, und auf deren Basis die Produktion zu verbessern.
Die Umsetzung einer digitalen Fabrik ist allerdings nur möglich, wenn bereits der gesamte Entwicklungsprozess von der Ideenfindung über die Dokumentation der Anforderungen, die Beschreibung der Funktionen und deren logischen Umsetzung bis hin zur der physischen Beschreibung digital erfolgt. Man erstellt dabei nicht nur einen digitalen Zwilling, sondern einen digitalen Master sämtlicher Produkte und Produktionsanlagen. Ein Zwilling ist dabei eine mehr oder weniger ähnliche Kopie, die zu einem bestimmten Zeitpunkt erstellt wurde und im Laufe des Produktlebens je nach Umwelteinfluss mehr und mehr voneinander abweicht. Dabei beschreibt man digital nicht nur die Physik in Form von mechanischer Animation, sondern erstellt Verhaltensmodelle, an denen bereits lange vor der ersten Erstellung eines physischen Produktes das Zusammenspiel aller Komponenten realitätsnah simuliert wird.
Das Produkt und das Verhalten der Produktionssysteme wird von Anfang an realitätsgleich simuliert und Fehler bereits erkannt, lange bevor ein erster Prototyp gebaut wurde. Der digitale Master ist immer aktuell und stellt die Erfüllung aller Anforderungen frühzeitig sicher.
Wir haben auf der Hannover Messe diesen Prozess der Entwicklung und Fertigung eines Heuwenders unseres Kunden CLAAS beispielshaft dargestellt, um zu zeigen, wie wir unsere Kunden dabei unterstützen, Industrie 4.0 auf Basis der 3DEXPERIENCE Plattform umzusetzen.
Hier vor allem interessant:
- Ideation: Jede Entwicklung startet mit der Ideenfindung. Dabei sollten sich alle am Projekt Beteiligten – intern und extern – aktiv mit einbringen. Die 3DEXPERIENCE Plattform bietet ein Cockpit für Informationen, für konfigurierbare Dashboards und unterschiedliche Ansichtseinstellungen, die bestmöglichen Ein- und Überblick in den Ideation-Prozess liefern. Über die Communities kann das Unternehmen Ideen sammeln und evaluieren sowie das Anforderungsmanagement von Beginn an steuern. Die über die Unternehmensgrenzen hinausgehende Zusammenarbeit einschließlich Feedback-Möglichkeit beschleunigt und verbessert das Engineering.
- Additive Manufacturing: Wurde der 3D-Druck früher zur Erstellung von Prüfmodellen und Prototypen genutzt, können heute dank neuer Verfahren, Maschinen und Werkstoffe voll funktionsfähige Bauteile hergestellt werden. Mit Additive Manufacturing lassen sich Produkte schaffen, die mehr Funktionalitäten bieten, leichter sind, weniger Material aufweisen und mit keinem anderen Herstellungsprozess machbar sind. Die komplette Prozesskette zeigt die Topologie-Optimierung des Bauteils, die Erstellung einer Bionik-Gitterstruktur, die Aufbereitung des 3D-Druck-Modells, der Aufbau des NC-Programms und die Übermittlung der Produktionsanforderung einschließlich der Einbauanweisungen an die Maschine bzw. den Arbeitsplatz.
- Systems Engineering spannt den Bogen von der Definition der Anforderungen bis zum mechatronischen Produkt. Damit werden die Grenzen zwischen Mechanik, Elektronik und Software überwunden, an denen Entwicklungsprojekte häufig scheitern. Systems Engineering beschreibt das System unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte. Das Framework RFLP (Requirements, Functional, Logical, Physical) bietet dabei die Grundlage zur Abbildung der Aspekte des Systemmodells. Dies beinhaltet die Spezifikation und Verwaltung der Anforderungen des Gesamtsystems, die Anwendungsszenarien, die funktionale Abbildung, die Systemarchitektur sowie die geometrische Gestalt des Systems, also das 3D-CAD-Modell. Viele weitere Aspekte wie das dynamische Verhalten oder Fluide/Elektrische Schemata können ebenfalls intelligent miteinander verknüpft werden, sodass die Abhängigkeiten für die Entwickler transparent und abrufbar sind.
- Virtual Build: Die Variantenfertigung verlangt in einem industriellen Produktionsprozess die genaue Planung der Vorprodukte bzw. Halbfabrikate. Über die Fertigungsstückliste (Manufacturing BOM) wird die Konstruktion in die Montagefolge und dann in die Fertigungsschritte überführt. Daraus lässt sich das Stationslayout ableiten, das anzeigt, an welchem Arbeitsplatz das Teil gefertigt wird und wie sich die Auslastung der Fertigungskette in ihrer Gesamtheit darstellt. Dabei werden die nötigen Vorrichtungen und Betriebs- bzw. Messmittel festgelegt sowie die entsprechenden Montageanweisungen erzeugt. Letztere sind gerade im Hinblick auf die Losgröße 1 im Industrie 4.0 Umfeld unverzichtbar.
- Shop Floor: Die Vorteile der Digitalisierung reichen bis an den Arbeitsplatz in der Produktionshalle. Der digitale Master, als Basis u.a. für Arbeitsanweisungen, NC- oder Roboter-Programme, zeigt eindrucksvoll die Vorteile eines plattformbasierenden Datenpools auf. Anhand von zwei Demo-Stationen, einem Simulationsarbeitsplatz, an dem das digitale Modell für die Montage erzeugt und simuliert wird, und der Montagearbeitsplatz, an dem das digitale Modell mit aktuellen Informationen angereichert und für die Produktion finalisiert wird. Während der Montage erfasste Qualitätsdaten werden ausgewertet und über die 3DEXPERIENCE Plattform an das Engineering zurückgegeben.
Wir helfen unseren Kunden, erfolgreich die Brücke zwischen digitaler und realer Welt zu schlagen. Unsere 3DEXPERIENCE Plattform organisiert dabei nicht nur die Daten, sondern vor allem die Zusammenarbeit der Menschen, die mit diesen Daten arbeiten. Wissen lässt sich so unternehmensweit nutzen und zukunftsfähige Innovationen vorantreiben.