Künstliche Intelligenz Teil 2: Einsatzszenarien in der industriellen Fertigung

Data Intelligence statt big DataDer erste Teil der Reihe zu Künstlicher Intelligenz (KI) für Industrieunternehmen hat sich damit beschäftigt, warum Daten für Unternehmen ein wichtiger „Rohstoff“ für zukünftige Erfolge sind und wie diese gewinnbringend veredelt werden können. Viele fertigende Unternehmen setzen im Bereich ihrer Fertigung und Fabrikplanung an und versuchen ihre digitale Transformation von hieraus bestmöglich auf die Ziele der jeweiligen Geschäftseinheit und des Gesamtunternehmens anzupassen. Oder anders gesagt greifen sie von hier aus die Frage auf, wie sie durch neue Technologien – wie das Nutzen von Machine- und Deep-Learning-Applikationen sowie Data Intelligence – fit für die Zukunft werden können. Mit einigen Einsatzszenarien knüpfen wir mit diesem Artikel an.

Digitaler Zwilling und digitale Kontinuität

Der Vorteil von KI-Technologien im Vergleich zu traditionellen Möglichkeiten der Datenauswertung ist, dass die Algorithmen direkt über die Einspeisung von sehr großen Datenmengen, sozusagen als Lernstoff, immer präziser werden und so Muster erkennen und zuordnen können. Die Fähigkeit, alle Informationen eines Product Lifecycles in ihrer Gesamtheit und nahezu in Echtzeit erfassen zu können und für alle Schritte entlang der Wertschöpfungskette auch bereit zu stellen ermöglicht ganz neue Chancen. Zwar wurde dieser holistische Blick auf Fertigungsprozesse von Unternehmen schon lange angestrebt, durch fehlende Daten oder isolierte Informationen war er allerdings oft nicht möglich. Durch den verbesserten Zugriff auf Daten mittels neuester Technologien sowie durch sensorbasierte IoT-Anwendungen hat sich hier in den letzten Jahren allerdings einiges getan. Digitale Kontinuität ist möglich. Und, sie bringt virtuelle und reale Welt näher zusammen.

Der digitale Zwilling, der durch immer präzisere Daten ebenfalls immer besser wird, ermöglicht es dem Anwender, einen umfassenden Blick auf alle Komponenten, Bauteile und physikalischen Gegebenheiten eines Herstellungsprozesses zu werfen. Mit dem virtuellen Modell können Industrieunternehmen verschiedene Produktionsszenarien, Design-Optionen und sogar Wartungsprozesse verbessern und neu konzipieren. Dabei gilt: Je mehr reale Daten und Analysen über Auswirkungen von Veränderungen im Datensatz in das virtuelle Modell eingespeist werden, desto genauer kann die Simulation für geschäftsrelevante Entscheidungen sein.

Industrie 4.0

Ein gutes Beispiel für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz findet sich auch in der Robotik. Hier sorgt die intelligente Datenanalyse dafür, dass Herstellungsverfahren autonomer werden können. KI spielt so innerhalb der der gesamten vernetzten “Smart Factory” eine tragende Rolle. Durch Künstliche Intelligenz in der Industrie 4.0 kommen vornehmlich zwei große Stärken zum Tragen:

  • Zum einen werden komplexe Zusammenhänge verständlich, so dass die passgenaue Steuerung mehrerer Prozesse möglich wird.
  • Zum anderen zeichnen sich intelligente Systeme dadurch aus, dass sie sich selbst während des laufenden Betriebs optimieren.

Durch den Einsatz von Data Intelligence und Deep Learning werden Roboter zu autonomen Akteuren innerhalb der Fabrik, denn sie lernen wie Wege, Monatagevorgänge und Wartungen besser und sicherer werden können und die vernetzten Abläufe dabei immer weniger Unterbrechungen und Prozesslücken in Kauf nehmen müssen.

Don’t just think big

Ein Vorteil nur für große Unternehmen? Nicht unbedingt! Auch KMUs profitieren von KI-Technologien im Produktionseinsatz. So kann die Fehlerquote in der Produktion mit intelligenten Systemen signifikant reduziert werden. Das ist besonders wertvoll, wenn Unternehmen über stark begrenzte Ressourcen verfügen, mit denen sie bestmöglich arbeiten müssen. Das Ziel der Systeme ist es dabei nicht, den Menschen in der smarten Fabrik zu ersetzen. Durch kollaborative Herstellungssysteme, bei denen Menschen und Maschinen zusammenarbeiten, können in Zukunft hochkomplexe Aufgaben besonders effektiv erledigt werden und so wertvolle Ressourcen anderweitig eingesetzt werden.

Verantwortung neu gedacht

In technisch immer besser unterstützten Produktionsprozessen ändert sich die Arbeit, es entstehen neue Rollen und Funktionen. So besteht die Arbeit eines Mitarbeiters in Industrieunternehmen nicht mehr rein aus der manuellen Fertigung, sondern umfasst zukünftig verstärkt die Bereiche Prozessüberwachung, Risikoassessment sowie Qualitätsprüfung. Technologie wird zur zusätzlichen Ressource, um zur Prozessinnovation zu gelangen und so die Fertigung weiter zu verbessern. Damit werden – im Sinne der Industrie Renaissance – neue Aufgaben für Mitarbeiter geschaffen, die diese stärker in Entscheidungsprozesse einbindet. Die Rolle der Industriearbeiter wandelt sich somit auch von der manuellen, hin zu einer planerischen Komponente, von der Unternehmen direkt profitieren können.

Verknüpfung von digitaler und realer Welt

Digitale Technologien und virtuelle Modelle verzahnen die virtuelle und die reale Welt immer besser miteinander. Diese Zukunftstechnologien setzen die wichtigen Wachstumsimpulse, mit denen langfristig die Lebensqualität der Menschen gesteigert werden kann. Beim 3DEXPERIENCE Connect am 4. November 2019 in Berlin diskutieren Experten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, wie Künstliche Intelligenz und virtuelle Modelle unsere Gesellschaft durch innovative Produkte, aus einer auf Effizienz und Ressourcenschonung ausgerichteten Fertigung, bereichern und so eine Welt von morgen erschaffen.

Joachim Bauer

Joachim Bauer ist Director Sales für die Marken ENOVIA und EXALEAD bei Dassault Systèmes in Deutschland und Spezialist im Bereich Produktions-, Fabrikplanung und Data Intelligence.