Künstliche Intelligenz und menschliche Erfahrung Hand in Hand

KI-und-MenschMaschinenstörungen sind immer ärgerlich, kosten Geld und bringen den Ablauf durcheinander. Einerseits lassen sich mit Hilfe von Technologie und Digitalisierung ungeplante Ausfallzeiten minimieren, andererseits braucht es nach wie vor die Findigkeit des Menschen bei der Beseitigung der Störungen und der Verbesserung der Maschinen. Künstliche und menschliche Intelligenz arbeiten also im besten Fall Hand in Hand. Aber wie kann ein solches Szenario idealerweise aussehen?

Die neuen digitalen Technologien bringen gerade in der Produktion ganz neue Möglichkeiten, wie sich Stillstandzeiten vermeiden oder minimieren lassen. Es wurde schon viel darüber gesprochen, wie sich durch Sensoren und die Auswertung der Sensordaten mit Hilfe von Big Data technische Probleme frühzeitig erkennen lassen. Manche sehen gar durch die Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz schon die selbstreparierende und -optimierende Maschine am Horizont.

Doch man sollte sich vom Hype um das Thema Künstliche Intelligenz nicht täuschen lassen, denn der Intelligenzbegriff in diesem Schlagwort ist ein ganz anderer als der, den wir an den Menschen anlegen. Computer und Programme nutzen die Erkennung von Mustern, Strukturen oder Bildinhalten als Antwort auf Anwenderproblematiken. Dennoch gelingt das nicht immer einwandfrei und im richtigen Kontext, wie ein Experiment der Google-Bilderkennungsspezialisten zeigte: Ein Algorithmus, der sehr zuverlässig Bananen auf Fotos erkannte, ließ sich durch einen völlig abstrakten Farbklecks dazu bringen, die Bananen als Toaster zu klassifizieren. Es zeigt sich: Die künstliche Intelligenz hat das „Prinzip Banane“ nicht verstanden, sondern reagiert nur auf bestimmte Ansammlungen von Pixeln und deren statistische Anordnung.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Mustererkennung mit Hilfe entsprechender Programme keinen Wert hat – der Computer ist tatsächlich sehr gut darin, kleinste Abweichungen und Trends zu erkennen. So können beispielsweise durch gemessene Vibrationen einer Maschine Lagerschäden auffallen bevor Lärm oder Überhitzung einen kritischen Maschinenzustand offensichtlich machen. Die Programme können, wenn sie historische Daten zum Vergleich haben, sogar berechnen, wie lange die Anlage mit diesem Lagerschaden noch arbeiten kann – was wiederum ermöglicht, den Austausch des Lagers zeitlich so zu legen, dass die Reparatur keine oder möglichst geringe Auswirkungen auf den laufenden Produktionsbetrieb hat.

Dennoch ist die Interpretation der Erkenntnisse, also die Beantwortung von Fragen wie „Handelt es sich bei den Vibrationen tatsächlich um einen Lagerschaden oder gibt es andere Gründe, die der Algorithmus nicht erkennt“, oder „Warum entsteht dieser Lagerschaden?“ oder „Wie tausche ich das Lager am schnellsten?“ im menschlichen Verstand besser aufgehoben. Immer wenn es um Kreativität, handwerkliche Geschicklichkeit und praktische Lösungen geht, ist der Mensch überlegen. Langjährige Erfahrung von Monteuren, die jeden Tag „draußen in der Praxis“ an den Maschinen arbeiten, ist nach wie vor durch nichts zu ersetzen. Doch wie lassen sich diese Erfahrung und das Wissen, das diese Mitarbeiter angehäuft haben, bewahren und allgemein verfügbar machen?

Es gibt dazu ein interessantes Beispiel: Ein deutscher Automobilzulieferer baut zurzeit eine globale Expertendatenbank auf, in der Problemlösungen gesammelt und bewertet werden. Und diese wiederum hilft, die Probleme, die die Industrie 4.0-vernetzten Maschinen entdecken, möglichst effizient zu beseitigen.

So können Unternehmen, die viele Standorte, an denen baugleiche Maschinen und Produktionseinrichtungen im Einsatz haben vom gemeinsamen Daten- und Wissensstand profitieren. Eine übergreifende Plattform, wie die 3DEXPERIENCE Plattform, kann allen am Prozess beteiligten Zugriff auf Daten und Dokumentation geben. Fehlermeldungen, die erkannten Ursachen und auch Gegenmaßnahmen sowie komplette Reparaturbeschreibungen werden nicht in Silos gespeichert, sondern stehen weltweit zur Verfügung. So kann ein Maschineninstandhalter in Deutschland auf eine clevere Lösung zugreifen, die ein Kollege beispielsweise in Mexiko entdeckt hat.

Damit spielt die Technik ihre großartige Fähigkeit aus, angehende Probleme zu finden. Und der Mensch benutzt das, was er am besten kann – das Sammeln von Erfahrungen – um dem Problem so schnell und so effizient wie möglich auf den Grund zu gehen und es zu beseitigen. Und das ist doch eine tröstliche Neuigkeit aus der oft so kalten Welt der Digitalisierung – Mensch und Maschine in Teamarbeit.

Sabine Grieve

Sabine Grieve betreut im Team von Dassault Systèmes den Bereich Marketing für die Branchen Maschinen- und Anlagenbau sowie High Tech. Sabine bloggt über Themen wie Industrie 4.0, das Internet der Dinge, smarte Vernetzung und digitale Fabrik.