Der Bedarf an Materialien mit verbesserten, veränderten oder neuen Eigenschaften wächst in den letzten Jahren branchenübergreifend stark. Eine enorme Aufgabe für Forschung und Entwicklung. Allerdings hat sich der Weg zu neuen Materialien oder Materialkombinationen stark gewandelt.
Will man einmal sehr weit zurück blicken, kann man mit der Idee beginnen, Kupfer mit 10 Prozent Zinn zu vermischen. Damit war Bronze, die wesentlich härter als die Ausgangsstoffe ist und sich hervorragend formen und verarbeiten lässt erfunden. Zugegeben, das liegt tausende Jahre zurück, aber diese erste Legierung hat etwas bewirkt, was auch für moderne Materialien zutrifft. Das Material selbst erlaubt neue Anwendungen, erfordert nun auf der anderen Seite auch neue Prozesse und Arbeitsweisen im Herstellungsprozess. Damals war das noch recht greifbar. Wurden vor der Bronze Werkzeuge einfach aus Feuersteinen geklopft, so musste nun Erz geschürft, veredelt, transportiert und gehandelt werden. Nur Spezialisten beherrschten die komplexe Herstellung und die Menschen differenzierten sich in verschiedene Berufe mit ganz unterschiedlichen Anforderungen.
Auch heute stehen wir vor gewaltigen Umwälzungen und viele davon sind ebenfalls von neuen Materialien und deren Entwicklung geprägt. Die Notwendigkeit der „Erfindung“ von Materialien, die so in der Natur nicht vorkommen, stellen einen Motor für den Fortschritt dar – auch in der Fertigung. Ein Beispiel dafür ist der extreme Leichtbau in der Karosseriefertigung für Elektrofahrzeuge. Auf Seiten der Batterieforschung wird mit Hochdruck an Materialkombinationen gearbeitet, die mehr Strom speichern können und weniger exotische Rohstoffe als die aktuellen Energiespeicher erfordern. Nur der Schulterschluss von Materialwissenschaft und Informationstechnologie erlaubt die Entstehung von bisher völlig undenkbaren Werkstoffkombinationen. Ein Artikel im Blog von BIOVIA greift zum Beispiel auf, wie Forscher Wege gefunden haben, Keramik mit Polymeren und Metallen zu verbinden, und zwar in einem neuartigen Sinterverfahren. Der neuartige Kaltsinterprozess hat zusätzlich den Vorteil, dass das energieintensive und zeitraubende Sintern bei über 1.000 Grad Celsius entfällt. Die Erfüllung neuer Anforderungen ist nur durch die Kombination sehr unterschiedlicher Wissensdisziplinen möglich.
Moderne IT-Technologien sind aus solchen Entwicklungs- und Fertigungsprozessen nicht mehr wegzudenken. Mit Hilfe der Einsichten und dem Verständnis, die Big Data Analytics, Modeling & Simulation und die Verknüpfung von Wissen den Materialforschern ermöglichen, sind diese in der Lage, auf molekularer Ebene neue Werkstoffe zu entwickeln. Die Entwicklungsverfahren für diese exotischen Werkstoffe sind allerdings oft so komplex, dass sie sich nicht manuell erarbeiten lassen. Hierbei spielen das elektronische automatisierte Erfassen, Aggregieren und Interpretieren von Daten eine zentrale Rolle. Und erst der nahtlose Zugriff über Plattformen ermöglicht die Zusammenarbeit von Forschern über Standorte und Disziplinen hinweg.
Doch nicht nur bei der Entwicklung neuer Werkstoffe, auch beim Recycling sind Daten ein unverzichtbares „Ingredienz“. Ein gutes Beispiel sind Datenbanken, die Informationen zu Materialien und Materialmischungen enthalten und die dabei helfen, aus Abfall wieder reine Rohstoffe zu gewinnen. Ebenso wichtig ist die Forschung an recycelten Werkstoffen, um deren Eigenschaften zu verbessern und zu stabilisieren. So lassen sich auch aus nicht absolut sortenreinen Abfällen neue, verwertbare Rohstoffe gewinnen. Ziel der Materialforschung ist es hier, von minderwertigen Recyclingprozessen – in denen beispielsweise aus Recyclingkunststoff Blumenkübel gefertigt werden – wegzukommen und möglichst hochwertige Einsatzmöglichkeiten für Recyclate zu entwickeln.
Datengestützte Materialforschung ist die Basis für den Fortschritt – mit neuartigen Materialien, die ungeahnte Eigenschaften bieten, und ebenso mit Recyclingtechnologien, die helfen, die natürlichen Ressourcen unseres Planeten so effizient und sparsam wie möglich zu nutzen. Ein guter Schritt in Sachen Nachhaltigkeit. Mehr über die Möglichkeiten der 3DEXPERIENCE für wissenschaftliche Innovation finden Sie auch auf unserer Webseite im Portfolio von BIOVIA.