Wie sie durch Teilewiederverwendung Freiräume im konzeptionellen Engineering schaffen.
Online-Shoppingportale wie der Internetriese Amazon haben großen Erfolg mit Funktionen wie: „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch…“. Für die Anbieter ist es eine grandiose Möglichkeit, ähnliche Produkte zu promoten. Dassault Systèmes überträgt dieses Prinzip mit EXALEAD auf die Produktentwicklung – einfach nach dem Motto: „Andere Konstrukteure haben folgende ähnliche Teile schon modelliert…“
Ähnliche oder gar identische Teile, die mehrfach konstruiert werden, sind nicht nur reine Zeitverschwendung und ein Ärgernis, sondern auch richtig teuer – bis zu 10.000 Euro Life-Cycle-Kosten werden durch das Anlegen eines neuen Teils durch die Folgeprozesse verursacht. Verschwendetes Geld, wenn ein anderes, bereits existierendes Teil die Funktion ebenso erfüllt hätte.
Im Engineering ist der Zeitdruck in der Regel enorm. Der Konstrukteur handelt aus seiner Sicht völlig rational, wenn er ein Teil rasch neu konstruiert, statt langwierig nach einem passenden existierenden Teil zu suchen. Besonders, wenn die Suche schwierig bis nahezu unmöglich ist, weil Produktdaten in mehreren Datenbanken verteilt sind – sei es aus historischen Gründen oder weil die zugekaufte Schwesterfirma ihr PDM-System parallel weiterführt oder ein ganz anderes CAD-System verwendet.
Mit dieser Arbeitsweise wird jedoch viel Potential verschwendet. Dabei können moderne Technologielösungen heute bereits eine Vielzahl von Datenbanken und Dateiformaten gleichzeitig durchsuchen, indem sie die einzelnen Datenbanken indexieren und so „wissen“, wo welche Daten stecken.
Wie also lässt sich eine Suche nach Wiederholteilen so in den Produktentwicklungsprozess integrieren, dass sie dem Konstrukteur hilft statt auszubremsen?
EXALEAD indexiert Metadaten und Geometrie gleichzeitig und erstellt einen 3D-Fingerprint für jedes Objekt. Dies ermöglicht das Finden geometrisch ähnlicher Objekte, selbst dann, wenn diese einen völlig anderen Namen haben. Die Suche nach „Dutzendbezeichnungen“ wie „Winkel“ zeigt auch zugleich alle „Halter“. Das System ist MultiCAD-fähig, kann also beispielsweise auch in Bestandsdaten aus dem Vorgänger-CAD-System oder im Datenbestand der Schwesterfirma Geometrien extrahieren. Sehr häufig werden auch ERP-Daten mit einbezogen. Clever, denn somit entfällt die Mehrfachsuche.
Die neue Technologie ermöglicht effizientere und schnellere Suchen von vorhandenem IP, was letztlich den Grad der Wiederverwendung erhöht und zugleich wertvolle Ingenieurstunden einspart.
Geometriesuche, Textsuche und die Kombination
EXALEAD OnePart erfüllt so eine ganze Reihe von Anforderungen aus unterschiedlichen Teilen des Unternehmens:
- Wird ein Teil in mehreren Produkten eingesetzt, erhöht sich die Gesamtstückzahl und der Einkauf kann mit größeren Bestellungen beim Lieferanten bessere Konditionen einfordern (wir berichteten).
- Die Standardisierungs- bzw. Normungsstelle hat immer Interesse an einer Reduktion der Teilezahl und der Wiederverwendung.
- Der Konstrukteur und auch die nachfolgenden Prozesse wie Qualitätssicherung, Fertigungsvorbereitung und NC-Programmierung sparen Zeit, denn viele Dokumente vom Prüfplan über das NC-Programm bis hin zur Fertigungsdokumentation entfallen.
- Und schließlich freut sich der Controller über die eingesparten Kosten.
Eine echte Win-Win-Situation!
Wenn Arbeitsanweisungen nicht befolgt werden
Die Wiederverwendung zu fördern, ist schon auf verschiedenste Weise versucht worden, meist mit Arbeitsanweisungen und Vorschriften. Doch das Problem am Ort der Entstehung, also beim Konstruieren, intuitiv und nahtlos in den Prozess integriert zu lösen, wurde bisher eher selten versucht. EXALEAD gelingt genau das – der Anwender arbeitet wie gewohnt und kann jederzeit, wenn es sich als sinnvoll erweist, auf ein schon vorhandenes Teil umschwenken, ohne zusätzliche Arbeit und Zeit in die Suche investieren zu müssen. So wird die Wiederverwendung von Teilen für den Konstrukteur zu einer echten Arbeitserleichterung. Und am Ende bleibt mehr Zeit für das konzeptionelle Engineering und echte Innovation.
Von der interaktiven Suche zum Assistenzsystem
Für Dassault Systèmes endet die Entwicklung hier jedoch nicht; OnePart wird aktuell zum Assistenzsystem weiterentwickelt. Es soll während des Konstruktionsprozesses fortlaufend eine geometrische Ähnlichkeitssuche durchführen und mit den Datenbanken abgleichen. Findet der Assistent ein passendes Teil, erscheint dies dem Konstrukteur im separaten Fenster. Der Konstrukteur kann dann ggf. die Modellierung abbrechen und eine der angebotenen Alternativen auswählen und in seine Baugruppe laden. Bis zum vollautomatischen Designassistenten wird allerdings noch ein wenig Zeit vergehen…