Ein Gastbeitrag von Jürg Baumgartner, Gründer und Geschäftsführer der Data Connect AG
Die Auswirkungen der Umsetzung einer Omni-Channel-Strategie auf das Gesamtsystem eines Einzelhändlers sind nicht zu unterschätzen, denn davon sind alle an der Wertschöpfung beteiligten Organisationen betroffen. Im Vordergrund steht das Kundenbedürfnis bzw. das was der digitale Kunde fordert, nämlich eine Seamless Customer Journey durch den stationären und den Online-Handel bis hin zur Auslieferung, Montage, Installation der Ware inklusive Delivery und Abholort zu haben.
Die Anforderungen sind hoch, wenn der Kunde online die gleichen Vorteile wie offline beansprucht. Das beginnt bei der Warenpräsentation, der Verpackung und dem Design sowohl im Webshop als auch auf der Verkaufsfläche. Hier sind Zulieferer gefragt, die für die Lebendigkeit bei den Produktezyklen verantworlich sein müssen und neue Produkte in kürzester Zeit von der Idee bis zur Herstellung in den Verkauf bringen können. 3D-Darstellung oder Simulationen müssen im e-Commerce genauso realitätsnah erfolgen, als wenn der Kunde das Produkt im Laden in die Hand nimmt.
Da der Kunde überall, zu jeder Zeit, über jeden Kanal und auf jede Art und Weise einkaufen will, müssen die Prozesse des Händlers miteinander verzahnt sein. Dies betrifft von der Logistik, dem Point-of-Sale bis hin zu den Finanzströmen alle Systeme. Heute meist pro Kanal geführte redundante Komponenten wie Stammdaten, Content Management, Preisfindung, Promotionen etc. müssen zentral gesteuert werden, damit eine simultane Nutzung der unterschiedlichen Kanäle für einen Kauf-Vorgang möglich ist. Ein Beispiel: der Kunde kauft online ein Fahrrad im Sonderangebot, abholen möchte er es im Supermarkt in seiner Nähe, Teilzahlung leistet er bereits im Internet, an der Kasse in der Filiale bezahlt er den Restbetrag, danach macht er eine Fahrradtour in die nächste Stadt und stellt fest, das Fahrrad passt nicht, also will er es im nächsten Supermarkt zurückgeben und sein Geld zurück. Die Logistik mit Transport, die Warenwirtschaftsprozesse, die Kassenlösung, der Finanzfluss, das Kundensystem etc. sind von dieser Transaktion betroffen und es darf dabei kein Medienbruch passieren.
Nicht zu unterschätzen sind Logistik und Transport, wenn anstelle von ganzen Paletten nur noch einzelne Stückzahlen bei dichtem Verkehr und in die entlegensten Dörfer ausgeliefert werden müssen. Diese Logistik in den Griff zu bekommen, wird machtentscheidend sein, denn hier können plötzlich Auslieferungsengpässe und eine Kostenexplosion entstehen. Der Retailer wird sich aber nur dann einen Wettbewerbsvorsprung erschaffen, wenn er die ultimative Forderung des digitalen Kunden nach der Same-Day-Delivery erfüllt.
Zum Kreis von Omni-Channel zählen auch Apps für mobile Anwendungen wie Einkaufshelfer, Navigationsmöglichkeiten, Kundenportal usw. Gerne wird hier vergessen, dass wenn eine App geändert wird, in der Regel 7 weitere Systeme im Hintergrund betroffen sind.
Ohne den Onlinehandel wird ein Händler nicht mehr bestehen können und ohne Umsetzung von Omni-Channel wird es für den Händler schwierig werden, Organisation und Prozesse schlank, effizient und in der nötigen Datenqualität aufrecht zu erhalten. Viele Händler haben dies erkannt, Investitionen getätigt und IT-Projekte gestartet. Aber ob alle Herausforderungen mit aller Konsequenz und in der nötigen Timeline umgesetzt werden, ist für jeden einzelnen Händler (noch) die große Unbekannte.
Mehr zum Thema finden Sie auch auf dem Schweizer Blog (r)Etailment oder auf der Webseite der Data Connect AG.