Anfang April fand in Mailand die Veranstaltung „Design in the Age of Experience“ statt, zu der Dassault Systèmes einige führende Designer, Architekten, Vordenker aus dem Social Media-Bereich und Firmengründer eingeladen hatte. Einige Auszüge und Gedanken daraus möchten wir Ihnen auch hier auf unserem Blog nicht vorenthalten und baten Ralf Steck, Blogger (EngineeringSpot) und freier Journalist um einen Gastbeitrag:
Unter anderem sprach bei der Veranstaltung „Design in the Age of Experience“ Simona Maschi, die Mitgründerin und CEO des Copenhagen Institute of Interaction Design (CIID) darüber, wie Menschen und Produkte in Zeiten der Social Media interagieren.
Die Schlüsselaussage ihres Vortrags für mich war, dass Produkte vor der industriellen Revolution immer individuell waren – man ging zu einem Schneider, wenn man eine neue Hose benötigte, und besprach mit diesem genau, wie diese auszusehen hatte. Produkte wurden direkt für den Menschen gemacht.
Mit der industriellen Revolution kam die Inflexibilität der Maschinen zwischen Mensch und Produkt – die Produkte wurden an die Maschinen angepasst, nicht mehr an den Menschen., Dieser hatte zu kaufen, was angeboten wurde. Um im Beispiel der Hose zu bleiben, wurden damit Kleidergrößen eingeführt, die eine Serienproduktion ermöglichten, aber zu Kompromissen zwingen, wenn man in den Proportionen aus dem Rahmen der vorgegebenen Größen fällt.
Das Social Design, an der ihr Institut forscht, löst dies wieder auf, Produkte sind wieder auf den Menschen zentriert. Die Digitalisierung ermöglicht es, Produkte zu individualisieren, indem man durch Verändern der Software – beispielsweise indem man Apps aufspielt – Funktion und Design des Produkts verändert.
Daraus entwickelte Frau Maschi zu einem interessanten Gedanken: Je mehr Funktionalität und Design man in Software verlagert, desto einfacher lassen sich Produkte individualisieren. Wenn die Hardware damit praktisch nur noch der Träger für die Software wird, die wiederum das Produkt und seine Funktionalität definiert, löst sich die Grenze zwischen Prototyp und realem Produkt auf.
Maschi entwickelt mit ihren Studenten Bedieneroberflächen gerne mit Smartphone-Attrappen, die Papier statt eines Bildschirms haben. So lassen sich extrem einfach und extrem früh im Produktentstehungsprozess Designentscheidungen treffen. Die Attrappe gibt die Größe des späteren Benutzerinterface gut wieder, so dass die Ergonomie sofort mitgedacht werden kann.
Das lässt sich sicher auch auf andere Produkte übertragen. Maschi rät: „Start prototyping when you don’t know enough!“ – warte nicht, bis viele Dinge festgelegt, um mit den ersten Prototypen die Funktionalität und Ergonomie zu testen. Sondern starte so früh wie möglich mit einfachen, preiswerten Prototypen. Dann ist es möglich, revolutionäre Ideen, die in solch frühen Phasen entstehen, nebeneinander auszuprobieren, zu testen und umzusetzen.
Die einfachen Papierprototypen ermöglichten es Maschi und ihren Studenten unter anderem auch, Ideen schnell und früh mit den späteren Usern zu testen, da keine komplexen und teuren Prototypen verwendet werden. Maschi machte in diesem Zusammenhang extrem gute Erfahrungen mit Teams, in denen neben Studenten auch ältere Menschen waren – jugendlicher Innovationsgeist und Erfahrung befruchteten sich gegenseitig.
Ich finde das ein interessantes Modell für den Alltag in Firmen – früh mit einfachen, eher abstrakten Prototypen arbeiten, User einbeziehen und altersgemischte Teams zusammenarbeiten lassen.