Warum es insbesondere bei der Elektromobilität wichtig ist einen kühlen Kopf zu bewahren und Klimaanlagen im Auto effizienter zu machen.
Vor einigen Jahren waren Klimaanlagen im Auto noch ein Luxusfeature, inzwischen hat sich die aktive Kühlung des Fahrzeuginnenraums zur Standardausstattung entwickelt. Doch der Gewinn an Komfort ist nicht ohne Kosten zu haben: Bei einem aktuellen Test hat der ADAC einen Mehrverbrauch zwischen 10 und 15 Prozent gemessen, in der Stadt sogar 20 Prozent. Was beim Verbrennungsmotor lediglich an der Tankstellenkasse wehtut, hat beim Elektroauto klare Auswirkungen auf die ohnehin begrenzte Reichweite. Deshalb ist die Optimierung der Klimaanlage ein sehr wichtiges Thema der Fahrzeugentwicklung geworden.
Klimaanlagen erzeugen kalte Luft und leiten diese ins Fahrzeuginnere. Das lässt sich auf sehr unterschiedliche Art umsetzen. So erzeugen einfache Klimaanlagen mit ungeregeltem Klimakompressor immer einen sehr kalten Luftstrom, der dann mit Hilfe der Fahrzeugheizung wieder auf die vom Benutzer gewünschte Temperatur aufgewärmt wird. Dass dies ineffizient ist, zeigt sich auf den ersten Blick. Moderne, geregelte Klimakompressoren erzeugen von Beginn an die gewünschte Temperatur, was wesentlich weniger Energie verbraucht.
Zur Optimierung der Klimaleistung gehört jedoch eine gesamtheitliche Betrachtung: Wie laufen die Luftströme in der Fahrzeugkabine? Wie strömungseffizient sind die Luftkanäle im Armaturenbrett gestaltet? Und wie lässt sich die Steuerung optimieren? Gerade in Verbindung mit einem Hybrid- oder Elektroantrieb lassen sich hier signifikante Einsparungen erreichen. Eine Idee, an der gearbeitet wird, ist das Overcooling bei Rekuperation.
Dabei wird Bremsenergie, die der Elektroantrieb erzeugt und normalerweise in die Batterie geleitet wird, zum Kühlen genutzt. Bremst der Wagen und ist die Batterie voll, springt die Klimaanlage beim Bremsen an und erzeugt mit der rückgewonnenen Energie kühle Luft. Dabei wird „zu viel“ gekühlt – deshalb der Name Overcooling. Das ist aber praktisch nicht spürbar, da ja nur für sehr kurze Zeit sehr kalte Luft ins Fahrzeuginnere geblasen wird, wo sie sich mit der vorhandenen Luft vermischt.
Simulation ist der Schlüssel, um die Klimaanlage in allen ihren Aspekten – Kälteerzeugung, Luftführung und Steuerung – zu optimieren. Dabei gibt es drei Ansätze beziehungsweise Einsatzgebiete für die Simulation: Virtuelles Prototyping, Simulation der Regelung und Steuerung sowie das Nutzen bestehender Ergebnisse für die Konzeptdefinition.
Virtuelles Prototyping: Optimierung am digitalen Modell
Virtuelles Prototyping bedeutet, das Gesamtmodell des Fahrzeugs beziehungsweise die relevanten Teile – Klimaanlage, Luftkanäle und Kabine – mit ihren Eigenschaften in einem Simulationsmodell abzubilden und den Vorgang der Abkühlung zu simulieren. Hierbei können mit Hilfe der Strömungssimulation wichtige Erkenntnisse gewonnen werden – beispielsweise, wie der Luftstrom und dessen Verteilung durch eine andere Form von Luftkanälen oder der Austrittsdüsen optimiert werden kann.
Das virtuelle Modell lässt sich sehr einfach ändern – man denke nur daran, was es beispielsweise bedeutet, einen Kabelbaum unter dem Armaturenbrett zu verlegen, um etwas Platz für eine Änderung eines Luftkanals zu schaffen. Am digitalen Modell ist diese Änderung eine Sache von Minuten oder Stunden und verursacht kaum Kosten. Wird eine solche Änderung notwendig, wenn die ersten Prototypen gebaut sind, schießen die Kosten in solche Höhen, dass man sich oft mit dem weniger optimalen Kanalquerschnitt begnügt und auf die Änderung ganz verzichtet.
Durch Simulation am kompletten Fahrzeugmodell lassen sich zudem passive Maßnahmen entwickeln, die das extreme Aufheizen des Innenraums in der Sonne verhindert oder vermindern – im optimalen Fall ist es so möglich die Klimaanlage kleiner zu dimensionieren, was wiederum Gewicht, Platz und Energie spart. Passive Maßnahmen könnten eine Wärmeschutzverglasung sein oder auch Zwangsbelüftungen, die der überhitzten Luft einen Weg nach draußen bietet.
Mit den Strömungssimulations-Werkzeugen von SIMULIA lässt sich die Klimatisierung am digitalen Modell optimieren, lange bevor der erste Prototyp gefertigt wird. Unter anderem werden hierfür die für Effizienzminderung mitverantwortlichen Druckverluste im Zuströmkanal sowie die Aufteilung der Luft auf die einzelnen Auslässe identifiziert. Auch Vorhersagen zur Geräuschentwicklung im Klimasystem sind möglich, so dass jene Abschnitte identifiziert werden können, welche maßgebend zur Lärmentstehung beitragen. So wird diese Lärmquelle bereits in der Entwicklungsphase beseitigt.
Auch wenn die Klimatisierung im Auto heute selbstverständlich erscheint, lassen sich viele kleine, aber bedeutende Aspekte mit Hilfe der Simulation weiter optimieren, so dass Komfort und Ökoeffizienz weiter verbessert werden können.
Im zweiten Teil dieses Artikels zeigen wir, wie eine intelligente Steuerung der Klimaanlage hilft Energie zu sparen und wie sich Simulation in der frühen Konzeptphase einsetzen lässt, um bessere Entscheidungen zu treffen.
Mehr zu den Simulationslösungen insbesondere aus dem Feld der Automobilindustrie finden Sie auch in unserer Reihe von “Future Mobility” Seminaren auf Abruf oder auf den Webseiten von Simulia.