In einem stark umkämpften Markt wie dem Maschinen- und Anlagenbau, in dem Produkte sehr lange Zeit genutzt werden, muss aus Kundenzufriedenheit Kundenloyalität werden, um eine langjährige Kundenbindung aufzubauen. Um aber jedem Kunden wirklich gerecht zu werden, müssen die Produkte immer individueller an die Kunden angepasst werden. Um die daraus folgende Explosion der Variantenzahl im Griff zu behalten und sicherzustellen, dass die vielen Varianten auch so funktionieren wie erwartet, braucht es intelligente Werkzeuge, also auch smarte Maschinen und Methoden. Denn die Kundenorientierung wird schnell zum Bumerang, wenn sie zu steigende Kosten, Regressansprüchen wegen nicht funktionierender Funktionen und übergroßem Aufwand in der Entwicklung führt.
Immer wichtiger dabei wird das Definieren der Funktionalitäten und Randbedingungen – der Requirements. Und zwar einerseits der Requirements also der Anforderungen der Kunden, andererseits die Fähigkeiten des eigenen Unternehmens – beides muss zur Deckung gebracht werden. Da nutzt es nichts, wenn man teure, aber qualitativ hochwertige, smarte Maschinen baut, wenn der Kunde vor allem preissensitiv ist. Möglicherweise können Sie aber den Kunden überzeugen, dass preiswerte Maschinen seine Qualitätsanforderungen nicht erfüllen werden. Vielleicht können Sie den Anforderungen ein anderes Mal nicht gerecht werden weil Sie ein Teil nicht selbst herstellen können, das der Kunde wünscht. Sie können es jedoch eventuell bei einem Ihrer Zulieferer fertigen lassen und dem Kunden liefern und so Ihre Kundenzuwendung beweisen. Immer geht es darum, die Eigenschaften so genau wie möglich zu definieren und abzugleichen.
Nun reicht es jedoch nicht, wenn die Requirements zwar festgelegt sind, aber deren Einhaltung während Konstruktion und Herstellung des Produkts nicht überprüft werden. Dabei wird es mit wachsender Komplexität der Produkte immer schwieriger, die sich überschneidenden und gegenseitig beeinflussenden Anforderungen im Auge zu behalten. Laut einer Studie scheitern mehr als 40 Prozent aller Projekte aufgrund von fehlendem Requirements Management und fehlender Nachverfolgbarkeit.
Mit smarten Produkten kommen hier gleich mehrere Komplexitätsebenen hinzu – war es noch relativ einfach, in einer mechanischen Konstruktion auf Fehlersuche zu gehen, so ist es in komplexen Produkten, die aus Mechanik, Elektronik und Software bestehen, umso schwieriger. Dabei sind smarte Produkte der Ausweg aus der Variantenfalle: Lassen sich viele Parameter in Software anpassen, ist es möglich, mechanisch und elektronisch sehr ähnliche Teile in größeren Serien zu bauen und trotzdem individualisierte Angebote machen zu können. Das beste Beispiel dafür sind Smartphones: Obwohl sie in Millionen-Stückzahlen gebaut werden, haben sie ganz individuelle Fähigkeiten durch die Apps, die der User selbst installiert.
Die oben genannte Studie kommt zum Schluss, dass 50 Prozent der Projekte verspätet abgeschlossen werden, weil schon zu Beginn die Systemarchitektur nicht richtig validiert wurde. Das zeigt, dass eine möglichst vollständige Simulation der Validierung in einem möglichst frühen Stadium der Entwicklung viel Sinn macht. Fehler, die man früh erkennt, kosten wenig Zeit und Geld.
Grundvoraussetzungen für eine solche frühe Validierung und die ständige Requirement-Analyse sind eine intelligente Systems Engineering-Plattform und ein intelligentes, umfassendes Modell, an dem alle Prozessbeteiligten arbeiten. Dies geht über das reine 3D-Modell weit hinaus, ebenso muss das Produktmodell Materialien, Eigenschaften, Funktionen und Metadaten enthalten, es muss sozusagen zum digitalen Zwilling des späteren Produkts werden. Dann lassen sich auch die Interaktionen zwischen den Disziplinen sauber abbilden, Einflüsse der Software auf die Hardware untersuchen und umgekehrt. Varianten und Anpassungen lassen sich schnell und effizient entwickeln und testen. So wird die Individualisierung nicht zum Bumerang.