Systems Engineering: Drei Schritte zum Produkt

Denken in SystemenÜberall hört man von integrierter Produktentwicklung, von disziplinübergreifenden Projekten und vom Abbau von Silos. Schaut man jedoch genauer hin, so reduziert sich diese enge Zusammenarbeit oft auf gemeinsam geführte Excel-Listen oder Viewer, mit denen andere Abteilungen die CAD-Dateien der Konstruktion betrachten können. Das entspricht jedoch nicht dem Gedanken für gleichberechtigte Zusammenarbeit, das ist eher „Informations-Schonkost“. Echte Zusammenarbeit, wie sie für erfolgreiches Systems Engineering notwendig ist, braucht dagegen eine einzige Informationsquelle. Eine Plattform, auf der alle Informationen zusammenlaufen, und Werkzeuge, die allen Beteiligten den Zugriff in dem Maße bieten, wie sie ihn benötigen.

Warum aber ist das so wichtig und was macht das Systems Engineering aus? Systems Engineering hat sich auf jeden Fall in den vergangenen Jahren mehr und mehr etabliert. Aus gutem Grund. Denn zunächst betrachtet der Ansatz das System in seiner Umwelt, dann das System an sich und zerlegt es schließlich in seine einzelnen Funktionen und bildet diese Funktionen in Komponenten ab. Wenn dieser gesamte Prozess virtuell ist, geht nicht mehr nur um physikalische Komponenten und Funktionen, sondern um deren digitale Repräsentanz. Das wiederum eröffnet ganz neue Möglichkeiten für Ideenfindung und Konstruktion.

Systemanalyse, physikalische Entwicklung und Systemintegration

Im ersten Schritt, der Systemanalyse, wird das zu entwickelnde Produkt durch die Anforderungsdefinition, die Funktionsanalyse, den Entwurf der logischen Architektur und die Komponentenspezifikation theoretisch beschrieben und spezifiziert. Das Interessante dabei ist, dass zunächst völlig unabhängig von der späteren Umsetzung eine optimale Funktion gesucht werden kann. Es geht vor allem darum, die Anforderungen (Requirements) auf das Gesamtsystem und dann immer detaillierter werdend auf die (funktionalen) Komponenten abzubilden. So entsteht im virtuellen Raum eine genaue Beschreibung für die reale physikalische Entwicklung.

Unternehmen, die sich dieser Methodik bereits bedienen schätzen vor allem, dass der Zugriff auf die Daten in den folgenden Prozessschritten so mühelos ist. Denn auf dieser detaillierten Wissensbasis, erfolgt die Entscheidung, wie eine Funktionskomponente umgesetzt wird – mechanisch, elektrisch/elektronisch, oder als Software. Die Produktentwicklungsdaten in Form von 3D-CAD-Modellen und Verhaltensmodellen schwimmen ja praktisch im Prozessfluss mit.

Im dritten Schritt, bei der Systemintegration, werden die entwickelten Komponenten simuliert und getestet, in das System integriert und ständig verifiziert und validiert. Und dazu sind eben nicht nur die Geometriedaten notwendig, sondern viele Metadaten wie die der Verhaltensmodelle, die die Geometrie so ergänzen, dass eine realistische Simulation überhaupt erst möglich wird.

Offene Entwicklungssysteme – bessere Lösungen

In herkömmlichen Szenarien, in denen der Konstrukteur sofort beginnt, Lösungen zu finden, ist die Umsetzung, ob mechanisch, elektronisch, oder als Softwarekomponente schnell festgelegt. Sollte sich später herausstellen, dass es einfacher gewesen wäre, eine Funktion als Software umzusetzen und nicht mechanisch, ist eine Änderung oft nicht mehr möglich. Hier setzen produzierende Unternehmen an, die Systems Engineering bereits erfolgreich etabliert haben. Indem sie die physikalische Umsetzung so lange offen lassen, bis die Anforderungen, die eine Komponente erfüllen muss, um ihre Funktion zu erfüllen, detailliert bekannt sind, erhalten sie sich den Spielraum für Änderungen und Nachbesserungen. Und zwar ohne oder mit nur geringem Zeit und Kostenaufwand.

Ob Systems Engineering als Ansatz in Frage kommt, entscheidet natürlich jeder Betrieb individuell. Das Ziel der Methode ist es jedenfalls bei einem verifizierten, in allen Belangen der Anforderungen optimierten virtuellen Prototypen anzukommen. Hierauf spielt der Gedanke einer übergreifenden Plattform anstelle von Einzeldateien ein. Alle Daten, die zum Projekt gehören, müssen jederzeit in allen Prozessschritten verfügbar sein. Als eine „Single Source of Truth“, die allen Beteiligten die stets aktuellen Daten zur Verfügung stellt, die sie für eine Entscheidungsfindung benötigen. Sozusagen als eine Verifizierungsebene, die ständig die logischen Verbindungen prüft und den Anwender warnt, wenn er eine Anforderung verletzt.

Der Knackpunkt für eine vollständig digitalisierte Entwicklung und Produktion liegt in einer ganzheitlichen Sicht aller Beteiligten auf sämtliche Vorgänge und Planungen entlang des gesamten Produktentstehungsprozesses. Und diesen Blick liefert nur eine übergreifende Business-Plattform wie die 3DEXPERIENCE Plattform.

Neue Entwicklungen betrachten wir auch im Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IEM eine Pressemeldung dazu finden Sie hier.

Bernd Löwenkamp

Bernd Löwenkamp ist Senior Manager im Marketing und zuständig für die Kooperation mit Geschäftspartnern, besonders im Bereich der Automobilbranche.