Datenströme aus verschiedenen Quellen zusammen zu bringen und daraus ein Abbild der realen Vorgänge zu machen – was unter dem Namen Digitalisierung ein Megatrend ist, kennen die Spezialisten der Digitalen Fabrik schon lange. Trotzdem verstärkt die Digitalisierung die Entwicklung.
Vier Trends sieht Joachim Bauer, Director Sales CE DELMIA bei Dassault Systèmes Deutschland, auf die Digitale Fabrik zukommen.
Hin zu mehr Datendurchgängigkeit
Der bidirektionale Datenaustausch zwischen Entwicklung und Produktion ist von zentraler Bedeutung. Diese Stelle stellt sozusagen eine Nahtstelle dar – von der einen Seite kommen die Daten des Produkts, von der anderen die Daten der Fertigungsmaschinen und -prozesse. Die Digitale Fabrik wird durch diese Datenströme gespeist.
Der Integration dieser Datenströme stehen bis heute häufig gewachsene Infrastrukturen im Weg, die dazu auch oft noch in jedem Werk eines Unternehmens anders aussehen. In der Zukunft werden Unternehmen diese heterogenen Datenquellen auf einer Plattform zusammenführen können – radikale Lösungskonsolidierungen sind dazu nicht notwendig. Denn moderne IT-Lösungen bringen heterogene Landschaften nahtlos zusammen. Industrie 4.0 steuert die Schnittstellen bei, auf deren Basis der Datenbestand vereinheitlicht und überall verfügbar gemacht wird.
Digitalisierung der Produktion
Die Papierzeichnung ist in der Fabrik bis heute häufig anzutreffen, dabei ermöglicht die Eliminierung dieser „analogen“ Unterlagen große Effizienzsprünge – das aufwändige Erstellen der Zeichnungen fällt ebenso weg wie die Gefahr, mit veralteten oder unvollständigen Unterlagen zu arbeiten.
Der Trend zur Nutzung interaktiver 3D-Modelle und digitaler Prozesse wird in den nächsten Jahren nicht nur anhalten, sondern sich beschleunigen. Dank der digitalen Workflows gelangen die Modelle und Informationen zu jeder Zeit an die Stelle, an der sie gebraucht werden – und dieser Effekt potenziert sich, je weiter diese Workflows sich im Unternehmen ausbreiten.
Das virtuelle Abbild als konsequente Weiterentwicklung
Der Virtuelle Zwilling ist die konsequente Weiterentwicklung der Digitalen Fabrik mit dem Ziel, dass die digitale Repräsentation der Fabrik permanent ein Abbild der laufenden realen Produktion darstellt. In den heute realisierten virtuellen Fabrikmodellen werden diese meist aus Planungsdaten und Daten aus der Produktentwicklung gespeist und nicht direkt mit Daten aus der Produktion. Es gibt zwar schon länger Verfahren, diese Modelle mit Daten aus der Produktion zu versorgen (z.B. mit Layoutdaten, die durch Laserscanning in der der realen Produktion erzeugt wurden), aber diese Versorgung erfolgt meist nicht ohne Medienbrüche und ermöglicht in der Regel nur eine zeitlich punktuelles Abbild der Produktion, das bei der nächsten Änderung in der realen Produktion bereits wieder veraltet ist. Im Gegensatz dazu werden beim Virtuellen Zwilling permanent gezielt Daten aus der Produktion in die virtuelle Umgebung geliefert, damit diese ständig aktuell die reale Fabrik repräsentiert. Mit den Planungs- und Simulationswerkzeugen der Digitalen Fabrik können dann Umplanungen und Optimierungen auf dieser aktuellen Datengrundlage durchgeführt werden und das Ergebnis wieder direkt in die Produktion einfließen.
Aus MES wird MOM
Mit MOM (Manufacturing Operations Management) können alle Vorgänge in der laufenden Produktion gesteuert und bei ungeplanten Ereignissen optimal angepasst werden. Auf der Grundlage der Realtime-Daten aus allen relevanten Bereichen können eine Feinplanung und eine kurzfristige Optimierung der Auftragsabwicklung erfolgen. MOM schafft außerdem die Transparenz in der Produktion um wichtige KPIs laufend in Real-Time zu verfolgen und bietet die Grundlagen für wichtige unternehmensweite Initiativen wie Prozessstandardisierung oder Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit. Qualitätsplanung und Durchführung der Qualitätssicherung, Warehousemanagement und Planung und Steuerung von Wartungsmaßnahmen sind ebenfalls möglich.
Digitalisierung, Industrie 4.0 und die Digitale Fabrik sind Komponenten, die sich zu einem Ganzen zusammenfügen, sozusagen zum digitalen Zwilling der Fertigung. Wir können gespannt sein, wie schnell und wie umfassend sich die genannten Trends in reale Lösungen weiterentwickeln. Und welche ganz neuen Lösungen und Möglichkeiten sich daraus ergeben, an die heute noch niemand denkt.