Mit Einführung des neuen Standards WLTP 2018 stieg der (Test-) Aufwand für die Zulassung von Neufahrzeugen um ein Vielfaches. Neue Regularien sind zwar grundsätzlich eine Herausforderung für komplexe und variantenreiche Produkte, allerdings war in diesem Fall auch ein erhöhtes öffentliches Interesse mit am Start. Die Kunden sind sensibler geworden, was Testverfahren, den Verbrauch und die Emissionswerte von Fahrzeugen angeht. Nun läuft bereits die nächste Regulierungs-Stufe und: „die Zulassungsbehörden kennen kein Pardon: Seit dem 1. September dürfen Neuwagen nur noch dann verkauft werden, wenn sie den neuen Testzyklus durchlaufen haben und den zusätzlichen WLTP-Vorgaben bei Verdunstung und im Gebrauchtwagen-Test entsprechen“ schrieb kürzlich das Handelsblatt.
Aber wie kam es zum WLTP und was ist diesmal anders? Kurz zur Geschichte: in den 1980er Jahren führte Europa den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) ein, eine Initiative zur Bewertung der Emissionen und des Kraftstoffverbrauchs von Personenkraftwagen. Da sich Technologie und Fahrbedingungen rasch änderten, wurde der NEFZ regelmäßig angepasst und schließlich 2017 durch das Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure, kurz WLTP, ersetzt. Diese neue Norm legt nicht nur die Emissionswerte und den Energieverbrauch fest, sie wurde auch um Testverfahren für Elektrofahrzeuge erweitert. Im Gegensatz zum NEFZ, der Testwerte basierend auf einem theoretischen Fahrprofil bestimmte, wurde der WLTP-Zyklus unter Verwendung realer Fahrdaten entwickelt, um typische Fahrprofile besser darzustellen.
Mit der WLTP Norm wurden vor allem realistischere Testbedingungen eingeführt, darunter höhere Durchschnitts- und Höchstgeschwindigkeiten, eine größere Bandbreite von Fahrsituationen, längere Prüfstrecken, dynamischere und repräsentativere Beschleunigungen und Verzögerungen. Diese und andere Verbesserungen liefern eine viel genauere Grundlage für die Berechnung der Emissionen und des Kraftstoffverbrauchs eines Fahrzeugs und stellen sicher, dass Labormessungen die Leistung eines Fahrzeugs auf der Straße besser widerspiegeln.
Seit dem 1. September 2018 ist das neue Messverfahren WLTP für alle Neuwagen verpflichtend. Europa nimmt bei der Einführung und Anwendung der WLTP-Standards eine Vorreiterrolle ein, Japan liegt dicht dahinter, Indien und China verpflichten sich, sie in den kommenden Jahren einzuführen.
Die Einführung des WLTP hat die Fahrzeughersteller jedoch vor erhebliche Herausforderungen gestellt. Unter anderem führten die von der WLTP für die Fahrzeugzertifizierung geforderten zusätzlichen Prüfungen 2018 zu erheblichen Verzögerungen bei der Zulassung neuer Fahrzeuge. Aufgrund der Testengpässe mussten Hersteller bereits die Zahl der angebotenen Fahrzeugvarianten einschränken, da alle erhältlichen Motor-Getriebe-Kombinationen zu untersuchen sind – nicht mehr nur die Standardversion eines Fahrzeugtyps.
Was bedeutet darüber hinaus die Einführung der WLTP für Fahrer und Automobilhersteller? Das hängt vom Land ab. Die Regierungen, in denen die Vorschriften gelten, sind gefordert, ihre Steuerkennzeichen so zu ändern, dass die Gebühren für die Autobesitzer nicht drastisch steigen bzw. Fahrzeuge mit geringerer Emission begünstigt werden, um auf diesem Wege eine größere Akzeptanz beim Verbraucher zu erreichen. Dies könnte die Umstellung auf Elektro- und Hybridautos beschleunigen.
Die neuen, strengeren Tests sind jedoch nicht nur eine zusätzliche Motivation für die Automobilhersteller, ihre Fahrzeuge sparsamer und insgesamt umweltfreundlicher zu machen. Sie sind auch eine Motivation Wege zu finden, die erforderlichen Tests schneller durchzuführen, um die notwendige Zertifizierung für eine Zulassung zu erhalten. Die bereits oben erwähnte Option weniger Fahrzeugvarianten anzubieten, kann nur eine – wenn auch kurzfristige – Lösung sein.
Für eine zukunftsfähige Lösung – auch in Anbetracht des raschen technischen Wandels – liegt es näher, technische Optimierungsoptionen und vor allem die Möglichkeiten der Simulation zur erfolgreichen Bewerkstelligung der zahlreichen Tests auszuschöpfen: Gewichtsreduzierung, höhere Reichweite bzw. Motoreneffizienz, verbesserte Aerodynamik, geringerer Rollwinderstand, … . Das sind nur einige der Schlagwörter die mittels Simulation zu einer schnelleren (digitalen) Zertifizierung führen können.
Unser eSeminar ‚Internal Combustion Engine‘, erläutert, wie mit Hilfe der Simulation eine Optimierung von Verbrennungsmotoren und somit auch eine schnellere Zulassung nach WLTP erreicht werden kann.